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Auf der Jagd mit Herrn Wuttlinger Teil 4 ...

… nach innovativen Software-Engineering-Themen aus der Praxis. Für eine effiziente und nachhaltige Digitalisierung unserer Gesellschaft.
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Thomas Karl

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  • 21.04.2023
  • Lesezeit: 6 Minuten
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Hallo, mein Name ist Thomas Karl. Ihr kennt mich als Digital Transformation Guide und Lean Agile-QM Pionier. Mein Dackel Herr Wuttlinger hat für euch die Fährte zu Experten rund um brandaktuelle IT-Trends aufgenommen. Echte Thought Leader, welche diese Trends definieren, implementieren und damit einen Mehrwert für Unternehmen und die Gesellschaft schaffen.

Resilienz und Qualität - Zuverlässige, gute Systeme bauen

Sebastian, Du leitest Accentures Next Generation Computing (NGC) Bereich in der DACH-Region, zum dem auch das Thema Quantum Computing gehört. Wie innovativ sind die Unternehmen in diesen Bereichen?

Wir beobachten sehr deutlich, dass Unternehmen seit einiger Zeit gezielt ihre F&E-Vorhaben ausbauen, um potenzielle Vorteile neuer Technologien schneller eruieren zu können. Sicherlich eine der Lehren aus den Disruptionen im Bereich der Künstlichen Intelligenz in der letzten Dekade, bei denen klassische Konzerne im deutschsprachigen Raum teilweise hinterherhinkten. Insofern kann man, trotz der gegenwärtigen multiplen Krisen, klar sagen, dass Innovationen im Bereich neuartiger Hardware und fortschrittlicher Algorithmen nicht nur zahlreicher, sondern auch erheblich schneller umgesetzt werden – auch unterstützt durch öffentliche Forschungsprojekte. Das ist auch bitter nötig: andere Länder, allen voran die USA und China, aber auch einige europäische Länder, investieren und forschen im großen Stile in Bereichen wie dem Quantum Computing, aber auch anderen Technologien wie dem Neuromorphic Computing!

Abb. 1: Scientist Dr. Maika Takita in the IBM Quantum Lab

Welche Beiträge kann Deiner Meinung nach Next Generation Computing zu der Thematik „Resilienz und Qualität – Zuverlässige, gute Systeme bauen“ beitragen?

NGC-Technologien adressieren Probleme, die aufgrund von Knappheit bzw. Begrenzung von Ressourcen (Zeit, Speicher, Energie, Anzahl ausgetauschter Nachrichten, …) bei klassischen Technologien auftreten. Im Bereich des Quantum Computing bspw. existieren Algorithmen, die beweisbar um Größenordnungen schneller sind bzw. vergleichbar weniger Speicher benötigen (auch Energie pro Berechnung kann in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen) für einige Problemstellungen. Dies kann potenziell in Zukunft signifikante Auswirkungen z.B. in Anwendungsfällen der Optimierung (schneller oder mehr Variablen in gleicher Zeit) und des maschinellen Lernens (kleinere Datensätze, schnellere Konvergenz) haben, zwei Bereiche, die unmittelbar den Qualitätsaspekt betreffen und dadurch auch zur Zuverlässigkeit beitragen können. Ein weiteres Beispiel ist heute bereits praktisch verfügbares Neuromorphic Computing, wobei spezielle Arten von Neuronalen Netzen mittels dedizierter Hardware gebaut werden, wodurch mit weit unter einem Watt Leistungsaufnahme einige Lernaufgaben durchgeführt werden können (z.B. im Bereich der Robotik), für die zuvor GPUs genutzt wurden. Diese Energieeffizienz steigert vermöge der längeren (Akku-)Laufzeit die Zuverlässigkeit (und Lokalität von Daten) im Kontext von Edge AI. Optische Technologien können helfen schnelle Verfahren für Fully Homomorphic Encryption, häufig als den heiligen Gral der Verschlüsselung bezeichnet, bereits heute umzusetzen und somit nachhaltig zur Resilienz beitragen. Die Möglichkeiten im NGC-Bereich sind nur durch die eigene Fantasie begrenzt.

Abb. 2: The Future of Quantum Computing

Wie differenziert sich Accentures Next Generation Computing Bereich in der DACH-Region auf dem Markt?

Zum einen denken wir immer Ende-zu-Ende: von der Strategie bis zur Umsetzung. Ich selbst bspw. bin promovierter Informatiker und liebe es mit unseren Kunden zusammen am Whiteboard die mathematische Formulierung der Anwendungsfälle anzugehen, die prototypische algorithmische Umsetzung durchzuführen und unsere Kunden zu diesen NGC-Technologien zu beraten. Das ist aber nur ein kleiner Teil eines typischen Gesamtprojekts. Wir arbeiten regelmäßig mit unseren Strategie-Kollegen zusammen, um bspw. die Gesamtausrichtung zu diskutieren und den Nutzen einer neuen Technologie in einem Unternehmen holistisch zu eruieren. Auch die spätere Implementierung im Bereich klassischer IT, aber auch in den konkreten Kundenanwendungsfällen in Bereichen wie z.B. Pharma, (phys.) Chemie, Bioengineering, Finanzwesen u.v.m. decken wir ab.
Zum anderen sind wir auch kein reines DACH-Team, wir sind Teil der globalen Accenture Technology Innovation-Familie und so bestens mit unseren Kollegen in allen relevanten Märkten breit vertreten.

Inwieweit sind NGC-Technologien, wie Quantum Computing, bereits in den Innovations- und F&E-Abteilungen der Unternehmen oder Eurer Kunden angekommen?

Nicht selten geht die Nachfrage von den Fachabteilungen aus, da Schwierigkeiten mit den gegenwärtigen Technologien offen zu Tage treten. Man denke an die oben genannten Ressourcenlimitierungen, z.B. dass eine komplexe Berechnung bspw. bei der Berechnung chemikalischer Eigenschaften oder der Optimierung von Anpassungen aufgrund von Fluktuationen in Stromnetzen einfach zu lange dauert aus Sicht des jeweiligen Anwendungsfalls, in den die Berechnung eingebettet ist. Die Innovations- und F&E-Abteilungen beschäftigen sich daher häufig bereits seit einiger Zeit mit einigen NGC-Technologien und machen mit uns Proof-of-Concept-Projekte, z.B. verstärkt im Bereich Quantum Computing. Realistischerweise muss man an dieser Stelle festhalten, dass so groß die potenziellen Quantum-Vorteile auf dem Papier sind, eine praktische Manifestierung dieser mit Hilfe von größerer Quantum Hardware noch min. einige Jahre dauern wird. Anders ausgedrückt heißt das aber auch: es ist jetzt die richtige Zeit Know-How aufzubauen. Neuromorphic Computing hingegen ist bereits deutlich näher an der praktischen Nutzbarkeit.
Ein anderer Effekt, der häufig vergessen wird: dadurch, dass wir uns intensiv als Externe mit den intern bereits vorhandenen Umsetzungen von Problemlösungen auseinandersetzen während eines NGC-Projekts, können wir nicht selten Fortschritte auch in der klassischen Welt erzielen: ein Optimierungsproblem, welches zuvor eventuell mehrere Tage bis zur Lösung benötigt hat, kann eventuell durch eine geschickte Umformulierung oder einen effizienten High Performance Computing-Ansatz in wenigen Stunden gelöst werden, wodurch mitunter erhebliche Agilitäts- und Kostenvorteile entstehen.

Beim Thema Quantum Computing hört man auch immer wieder was über Gefahren in Bezug auf Kryptographie. Was sind die Implikationen für Unternehmen?

In der Tat gibt es eine nicht zu unterschätzende Wahrscheinlichkeit, dass Quantum Computer in der nächsten Dekade in der Lage sein könnten, gängige (insb. asymmetrische) Kryptographieverfahren, wie RSA, zu brechen. Nur eine von vielen Gefahren in diesem Kontext. Unternehmen müssen sich daher prozessual und technologisch darauf vorbereiten. Wir diskutieren mit unseren Kunden dieser Tage daher sehr intensiv Konzepte der Crypto Agility, von der Strategie bis hin zum automatischen Austausch von Krypto-Verfahren auf Source Code-Level.

Wie viel Technologie steckt in Deinem Privatleben, Sebastian und welche Rolle spielt sie darin?

Auch wenn mir viele das nicht glauben: ich bin ein sehr analoger Mensch und nutze Technologie nur dort, wo sie einen spürbaren Vorteil bringt. Ich beschäftige mich mit dieser Thematik, seitdem ich zehn Jahre alt bin und ich meine ersten Coding-Schritte auf einem C64 ging, und kann auf Firlefanz daher gut verzichten. Zwar erwische ich mich auch heute noch nicht allzu selten in meiner Freizeit über einen neuen Algorithmus oder einer Formel brütend vor dem Notebook. Meine Umgebung halte ich aber recht frei von (unnützer) Technik und das nicht nur, wenn ich bei der Jagd die Natur genieße.

Vielen Dank für das Interview, Sebastian.

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Thomas Karl ist Organizational Change Manager. Die Tätigkeit sind Qualitätsmanagement und die Entwicklung von lean agilen Organisationen von der Team bis zur Strategie- & Portfolio-Ebene. Er arbeitet bei Accenture DACH.
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Emmanuel Losch ist Kommunikationsexperte und unterstützt Kunden bei der strategischen Erstellung von zielgerichteten Inhalten und der Organisationsentwicklung. Bei Accenture kombiniert er seine langjährige Erfahrung in der Kommunikationsbranche als diplomierter Regisseur und Werbetexter mit Softwaretechnologien und Webentwicklung.
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Leiter des Bereichs Next Generation Computing in der DACH-Region

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