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Bewerbungs-Ghosting –und dann?

Sie hatten ein freundliches Telefonat mit dem Personaler oder vielleicht sogar bereits ein persönliches Gespräch. Am Ende hieß es dann: Wir melden uns. Doch dazu kommt es nie! Abwarten und Cappuccino trinken – nicht die einzige Lösung, wenn Sie keine Reaktion auf Ihre Bewerbung erhalten.

  • 24.09.2019
  • Lesezeit: 5 Minuten
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Sie haben all Ihr Herzblut in die Bewerbung für Ihren vermeintlichen Traumjob gesteckt, mit feuchten Händen und erhöhtem Puls auf „Senden” geklickt und checken seitdem permanent Ihr Postfach. Doch was passiert: Nichts! Nada! Niente! Sie erhalten einfach keine Reaktion auf Ihre Bewerbung und fragen sich, warum. Die Schuld liegt nicht unbedingt bei Ihnen oder Ihren Unterlagen. Sie sind Opfer eines Unternehmens, das Ghosting betreibt.
Ghosting ist ein Phänomen, das ursprünglich im Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen auftauchte: Onlinedating-Partner, die sich nach dem ersten realen Treffen nicht mehr melden; Freunde, die plötzlich unerreichbar sind und auf keinen Kontaktversuch reagieren.

Abtauchen in der Geschäftswelt

Inzwischen ist dieses plötzliche Abtauchen in der Geschäftswelt angekommen. Und auch hier ist es so zermürbend wie im Privaten, wenn auf einmal Funkstille herrscht. Denn das Ghosting fängt manchmal schon direkt nach dem Versand der Unterlagen an. Bewerber erhalten oft auf eine Bewerbung hin nicht einmal eine Eingangsbestätigung.
Die Zeit der Stille kann aber auch zu einem späteren Zeitpunkt im Bewerbungsprozesse eintreten, beispielsweise nachdem Sie bereits ein durchaus positiv wirkendes Telefonat mit dem Personaler geführt haben oder sogar schon zum persönlichen Gespräch im Unternehmen waren.
Wer nach dem Vorstellungsgespräch keine Rückmeldung erhält, ist oft besonders frustriert – immerhin saß man sich ja schon mal Auge in Auge gegenüber.

Gründe für das Bewerbungs-Ghosting

Es muss nicht an Ihnen liegen, falls der potenzielle Arbeitgeber so gar keine Reaktion auf Ihre Bewerbung zeigt. Obwohl dieses Verhalten ausgesprochen respektlos ist und Sie sich vollkommen hilflos fühlen, sollten Sie sich nicht von Selbstzweifeln zerfressen lassen. Mögliche Gründe, warum Personaler sich nicht melden:

Effizienz-Zwang im Rekrutierungsprozess: Mitunter streichen Unternehmen alle nicht unbedingt erforderlichen Schritte, um Kosten zu senken. Darunter fällt möglicherweise auch der HR-Praktikant, der früher die Eingangsbestätigungen für Bewerbungen versendet hat.

Keine Antwort = Absage: Natürlich kann es auch sein, dass Sie mit Ihren schlimmsten Befürchtungen richtig liegen und das Unternehmen Sie für unpassend für die Stelle hält. Das ist natürlich kein legitimer Grund, Sie im Unklaren zu lassen. Aber manch ein gestresster Personaler denkt sich womöglich, „Keine Antwort ist auch eine Antwort” und spart sich die Arbeit.

Schlechte oder fehlerhafte Kommunikation: Möglicherweise steckt gar keine böse Absicht hinter der Funkstille, sondern dem Empfänger ist schlichtweg ein Fehler unterlaufen: Ihre Unterlagen versauern nach der Weiterleitung an den zuständigen Abteilungsleiter in dessen Postfach, weil ihm die Mail einfach entging. Oder Sie wurden im Bewerber-Management-System falsch einsortiert. Oder es gab ungenaue Absprachen in der Personalabteilung. Sie sehen: Es gibt viele Ursachen für übersehene Bewerbungen in einem Unternehmen.

Um sicherzugehen, dass der Fehler nicht bei Ihnen liegt, sollten Sie selbst aktiv werden. Diese Möglichkeiten haben Sie:

1. Prüfen Sie Ihre Unterlagen noch einmal!

Kleine Nachlässigkeiten können dafür sorgen, dass Ihre sorgfältig zusammengestellte Bewerbung ihren Empfänger erst gar nicht erreicht – und Sie warten vergeblich auf eine Antwort. Sehen Sie sich deshalb noch einmal genau an, was Sie abgeschickt haben: Haben Sie den richtigen Empfänger gewählt? Landet die Bewerbung auf dem falschen Schreibtisch, kann es lange dauern, bis sie dem gewünschten Adressaten vorliegt. Haben Sie sich eindeutig auf die Stellenausschreibung bezogen? Die meisten Anzeigen enthalten ein Kennzeichen. Gerade in großen Unternehmen, die viele Stellen gleichzeitig ausschreiben, fällt eine Zuordnung ohne aussagekräftigen Betreff schwer. Das verzögert die Bearbeitung. Waren Ihre Bewerbungsunterlagen vollständig? Ist der Lebenslauf lückenlos? Fehlen wichtige Bestandteile wie Zeugnisse, werden Bewerbungen nicht selten unkommentiert aussortiert.

2. Prüfen Sie die Stellenanzeige!

In der ersten Begeisterung kann man eine vielversprechende Stellenanzeige schon mal falsch lesen. Haben Sie möglicherweise der Reihenfolge der Anforderungen nicht genug Beachtung geschenkt? Qualifikationen, die ganz oben in der Liste stehen, sind Must-haves für das Unternehmen. Weiter unten kommen die wünschenswerten, aber nicht zwingend erforderlichen Fähigkeiten. Wenn Sie nur diese Nice-to-haves mitbringen, aber Ihnen die Kernkompetenzen komplett fehlen, sind die Chancen auf den Job relativ gering. Haken Sie die Sache am besten ab. Das erspart Ihnen langes, zermürbendes Warten.

3. Prüfen Sie Ihre Erwartungen!

Haben Sie in Ihrer Bewerbung eine Gehaltsvorstellung angegeben? Dann kann auch das der Grund für das Schweigen des Unternehmens sein. Fachkräftemangel hin oder her: Personalentscheider müssen sich an Budgetvorgaben halten. Möglicherweise haben Sie beim Gehalt einfach zu hoch gepokert und Ihre Bewerbung wurde deshalb aussortiert. Oder man legt Sie erst einmal auf Halde: Sollte sich später kein geeigneter Kandidat finden, könnte die Personalabteilung immer noch auf Sie zurückgreifen.

Ghosting kann schon direkt nach dem Versand der Bewerbungsunterlagen beginnen: Bewerber erhalten dann nicht einmal eine Eingangsbestätigung

Hören Sie auf Ihre innere Stimme

Nach dieser kleinen Analyse liegt es an Ihnen, ob und wie Sie auf das Ghosting reagieren. Es ist Ihr gutes Recht, telefonisch nachzuhaken. Sollte sich der Personaler absichtlich nicht gerührt haben, muss er mit Ihrem Anruf rechnen.
Und überhaupt: Ein seriöses Unternehmen wird selbstverständlich verstehen, dass Sie bei einer längeren Sendepause auf den Busch klopfen – vorausgesetzt, Sie haben ein angemessenes Maß an Geduld walten lassen, bevor Sie zum Hörer greifen.
Wenn Sie allerdings System hinter dem Bewerbungs-Ghosting vermuten, sollten Sie sich ein Nachbohren gründlich überlegen. Wollen Sie wirklich für eine Firma arbeiten, die so mit Bewerbern umgeht? Möglicherweise wird dort auch den Beschäftigten nur wenig Respekt entgegengebracht. Ein gründlicher Arbeitgeber-Check kann Ihnen aufschlussreiche Erkenntnisse liefern.

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Zu Inhalten
Christina Holl ist PR-Managerin bei Robert Half, einem Personaldienstleister für Fach- und Führungskräfte im Finanz- und Rechnungswesen und in der IT.

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