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Die Deutsche Bahn setzt KI in der Inspektion von Zügen ein - KI lohnt in der Instandhaltung

Die Deutsche Bahn baut ihre ICE-Flotte in den nächsten Jahren aus. Damit wachsen auch die Anforderungen an die Instandhaltung. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) spielt hier zusammen mit Automatisierungstechnik eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Kapazität. Zum Einsatz kommen Kameras, die von einem ICE bis zu 50.000 Bilder aufnehmen, welche dann innerhalb weniger Minuten durch einen KI-Assistenten auf Schäden untersucht werden. Kombiniert mit Automatisierungstechnik und einem Boxenstopp-Verfahren wird so die Werkstattkapazität erhöht.

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Patrick Goldschmidt

AI Specialist

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Jürgen Boiselle

Lead Architect

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Gregor Schmid

Leiter E-Check

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Thomas Thiele

Chief Expert AI und Programm-Manager AI


  • 17.06.2024
  • Lesezeit: 14 Minuten
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Dank Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und dem Einsatz von Automatisierungstechnik spielt das Projekt E-Check im Fernverkehr künftig bis zu fünf Instandhaltungsgleise in den Werken frei und erhöht damit die Kapazitäten der Instandhaltung. Das Vorhaben verfolgt unter dem Namen E-Check die Entwicklung und Implementierung einer teilautomatisierten Instandhaltung für die ICE-Flotten an den Werksstandorten Berlin, Hamburg, Köln, München und voraussichtlich Dortmund. Dabei kommen mehrere Roboteranlagen und Kameratore zum Einsatz, die eine Vielzahl von Routineuntersuchungen und -wartungsarbeiten übernehmen. So wird von einem ICE bei der Fahrt durch ein Kamerator eine fünfstellige Anzahl Bilder erzeugt und innerhalb weniger Minuten ausgewertet. Die Mitarbeitenden erhalten direkt Informationen über mögliche Mängel am Zug – vom abgenutzten Stromabnehmer bis zur Stärke der Bremsbeläge – und können geeignete Maßnahmen ergreifen. Darüber hinaus werden zeitgleich Routinetätigkeiten, wie beispielsweise Frischwasser-Versorgung und Brauchwasser-Entsorgung, durch Roboter übernommen und somit automatisiert. Die gewonnenen Bilddaten der Kameratore, die Ergebnisse der KI und die Beurteilungen der Mitarbeitenden stehen weiteren Verfahren zentral in einem cloudbasierten Data Lake zur Verfügung.

Bedarf an Automatisierung in der Instandhaltung

Auf dem Weg zum Deutschlandtakt investiert die DB massiv in den Ausbau ihrer ICE- und Intercity-Flotte. Neben der Ablösung von Altbaureihen und der Verjüngung der Fahrzeugflotte gilt es darüber hinaus, den notwendigen Fahrzeugpark für eine Verbindung der Metropolen im Halbstundentakt bereitzustellen. Allein bis zum Jahr 2026 wird die ICE-Flotte von aktuell 340 Triebzügen auf über 420 Triebzüge vergrößert. Der ICE 4 befindet sich bereits seit einigen Jahren im Zulauf und ist im ICE-Netz schon heute allgegenwärtig. Zurzeit liefert die Industrie etwa alle drei Wochen einen XXL-ICE 4 mit rund 1.000 Sitzplätzen auf fast 380 Meter Länge aus. Weitere Züge wie der ICE 3 neo sind bestellt und werden ab Ende 2022 in den Einsatz gehen.

Mit dem Ausbau der Flotte wachsen unter anderem auch die Anforderungen an die Instandhaltungskapazitäten. In den Neu- und Ausbau der Fernverkehrswerke fließen bis 2030 knapp zwei Milliarden Euro. Die digitale Instandhaltung eröffnet Möglichkeiten für einen effizienten und kapazitätsschonenden Ausbau der Werke. So tragen die Automatisierung und Digitalisierung von Teilprozessen zur Reduktion von Standzeiten und Investitionen in „Stahl und Beton“ bei. Häufig wiederkehrende Prozesse und einfache Tätigkeiten sind für die Automatisierung besonders geeignet.

Im Projekt E-Check rüstet die DB Fernverkehr AG die ersten fünf ihrer insgesamt neun Werke mit Automatisierungstechnik aus. Ziel der Ausrüstung ist eine Teilautomatisierung der sogenannten Laufwerkskontrolle und der Nachschau. Diese beiden Arbeitsgänge sind die Instandhaltungsstufen mit dem kleinsten Fristintervall und kommen somit besonders häufig vor. Zudem sind in dieser Instandhaltungsstufe zum großen Teil visuell durchzuführende Untersuchungen im Laufwerksbereich und zusätzlich an den Bremsen, am Wagenkasten, der Dachausrüstung und im Fahrgastraum durchzuführen. Die Instandhaltungsstufen werden in Intervallen von max. 14.000 beziehungsweise max. 24.000 Kilometern Laufleistung durchgeführt. Das bedeutet: Im Durchschnitt werden pro Nacht und Standort vier Züge einer solchen Untersuchung unterzogen.

E-Check – der Boxenstopp für den ICE

Grundsätzlich besteht E-Check je Standort aus einem Kamerator mit bis zu 30 Kameras (jede mit 24,4 Megapixel), um den Zug in 360 Grad zu erfassen, einer IT- und Rechnertechnik, um die Daten automatisiert auszuwerten, sowie Robotern, die zusätzliche Bilder aufnehmen und die Ver- und Entsorgung von Wasser am Zug automatisiert durchführen. Ergänzt wird die Technik durch eine individuell entwickelte Software zur Steuerung der Anlage und zur Übertragung der Daten in Bestandssysteme (zum Beispiel SAP).

In den Jahren 2018 bis 2020 wurde in München ein Prototyp des Kamerators und der Ver- und Entsorgung aufgebaut und erprobt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse flossen in die Ausschreibungsunterlagen ein, auf deren Basis aktuell der Rollout stattfindet. Im Juli 2021 erfolgte die Beauftragung der Strama Group mit der Entwicklung und Lieferung der fünf Systeme inklusive Software.

Auf diese Weise wird zukünftig im Taktverfahren die Laufwerksuntersuchung und Nachschau an allen ICE-3- und ICE-4-Fahrzeugen durchgeführt. Die Ausweitung auf weitere Baureihen ist geplant. Eine besondere Herausforderung stellt sich im Dachbereich. Da durch das eng gesetzte Zeitfenster ein ICE nicht vom Strom genommen werden kann, bildet die automatische und fehlerfreie Schadenserkennung im Dachbereich die Basis für eine KI-geführte und vom Menschen kontrollierte Befundung. Diese wird in eigens gebauten Hallen auf 38 Metern Länge im Takt von wenigen Minuten Wagen für Wagen erfolgen. Die Rechenleistung zur rechtzeitigen Bereitstellung aller Auswertungen ist entsprechend dimensioniert. In der aktuellen Planung sind mehrere Server mit in Summe sechs nVidia-Tesla-A100-Grafikkarten vorgesehen, um die Bildinformationen zu verarbeiten. Den Mitarbeitenden wird über ein Tablet der Befund, dessen Position und die Schwere des Schadens mitgeteilt. Sie entscheiden letztendlich und sorgen so, gemeinsam mit der KI, für das Einhalten der strengen Sicherheitsvorgaben.

Ähnlich verhält es sich mit dem Unterboden. Während der Zug in der Halle bewegt wird, dürfen sich aus Arbeitsschutzgründen keine Menschen unterhalb des Zuges befinden. Zusätzlich benötigt die Prüfung des langen Unterbodens viel Zeit. Im Sinne eines optimalen Arbeitsablaufs wurde daher dieser Arbeitsgang mit Bildverarbeitung und Künstlicher Intelligenz automatisiert.
Der Seitenscan wiederum muss nicht automatisch ausgewertet werden, da die in der Halle anwesenden Mitarbeitenden bereits während der Zugeinfahrt die Seiten auf mögliche Fehler prüfen könnten. Erweitert man die Bildverarbeitung des Dach- und Unterflurscans um einen beidseitigen Seitenscan und stellt dieser Investition den Nutzen gegenüber, bei dem den Mitarbeitenden mehr Zeit für andere Aufgaben am Zug zur Verfügung steht, erscheint diese Investition allerdings ebenfalls lohnend.

Auch bei der Drehgestellprüfung ist eine Automatisierung geplant, da sie aufgrund der vielen zu prüfenden Bauteile einen hohen Aufwand erfordert. Zum Teil entziehen sich die Prüfungen in diesem Bereich einer automatisierten visuellen Befundung, da hier haptisch geprüft wird, zum Beispiel die Rauheit von Oberflächen. Für die hier durchzuführenden Prüfungen wird nach Wirtschaftlichkeit entschieden, welche Schritte automatisiert werden. Einige zu prüfende Bauteile sind von außen nicht sichtbar. Zwei Roboterfahrzeuge führen Kameras am stehenden Zug von jeder Seite an diese Bereiche, um den notwendigen Blick „hinter“ die Bauteile zu ermöglichen.

Abb. 1: Architekturdiagramm – Technischer Kontext (Quelle: Deutsche Bahn AG)

KI, die neue Kollegin in der Instandhaltung

Mit der Automatisierungstechnik und insbesondere der KI in Form des Kamerators und eines mobilen Frontends wird die Instandhaltung um zeitaufwendige Tätigkeiten wie die Begehung des Zuges entlastet. Gleichzeitig bleibt der Mensch aber in der Verantwortung, Auffälligkeiten zu prüfen. Die KI übernimmt im Projekt E-Check die Rolle einer Assistentin.

Da es sich um einen sicherheitsrelevanten Bereich handelt, werden die 360-Grad-Bilder mit einer Auflösung von 5328 mal 4608 Pixel und in hoher Anzahl aufgenommen: pro Zug eine mittlere fünfstellige Anzahl. Jedes Bild wird dabei entweder auf Anomalien untersucht oder auf die Einhaltung von Grenzwerten geprüft. Flächenmäßig handelt es sich dabei zum großen Teil um die Oberflächen der Außenhaut des Fahrzeugs und die Sichtfenster. Aber auch schwer einsehbare elektrische Bauteile auf dem Dach des Zuges und am Unterboden werden geprüft.

Die Deutsche Bahn verfolgt eine Cloud-First-Strategie, die auch im Projekt E-Check zum Einsatz kommt. Allerdings lassen die Anforderungen an das System eine vollständige Verarbeitung in der Cloud aus Zeitgründen nicht zu. Daher werden nach der Aufnahme durch die Kameras die Bilder komprimiert auf der im Werk installierten Hardware mit GPU-Unterstützung (on edge) ausgewertet und die Ergebnisse unmittelbar auf den mobilen Endgeräten der Mitarbeitenden angezeigt. In der Cloud umgesetzt werden die zentralen Komponenten zur Steuerung, Wartung, Analyse und Archivierung der E-Check-Standorte sowie die Entwicklung der KI-Komponenten.

Ziel ist es, die Mitarbeitenden, die den E-Check durchführen, durch eine virtuelle KI-Kollegin zu unterstützen. Auf dem mobilen Endgerät werden die erkannten Schäden inklusive relevanter Metadaten (Position, Bauteilname, Materialnummer etc.) angezeigt und Handlungsempfehlungen ausgesprochen – das Ganze einfach und effizient. Durch die automatisierte Prozessführung sollen Fehler vermieden und Prozesse beschleunigt werden. Durch Dokumentation aller Erkenntnisse, Entscheidungen und Handlungen werden die eisenbahnrechtlichen Instandhaltungspflichten erfüllt.

Die Anlagen erzeugen pro ICE im Durchschnitt voraussichtlich 23.000 Bilder mit einem Volumen von ca. 300 GB. Daher ist es notwendig, die gewonnenen Daten automatisch zu speichern, zu klassifizieren, mit Metadaten zu hinterlegen und auswertbar zu machen. Die Daten werden zunächst im Werk lokal auf einer Network-Attached-Storage-Lösung (NAS) gespeichert und dann später in die Cloud (AWS S3) übertragen. Über die Zeit entsteht so ein Datenpool, der in Verbindung mit Fahrplan und Zugdaten verwendet werden kann, um präzise Modelle zum Instandhaltungsbedarf zu entwickeln. Mittelfristig wird es damit möglich sein, Instandhaltungsmaßnahmen, Personal und Material zielgerichteter zu disponieren. Außerdem wird eine modularisierte Instandhaltung möglich, da mit ausreichend Daten eine verschleißgerechte Planung ermöglicht wird.

Selbst wenn der Mensch immer die letzte Entscheidung trifft, ist der Anspruch an die Sicherheit der Software und des KI-Anteils sehr hoch, handelt es sich doch um einen sicherheitsrelevanten Bereich. Der Prozess der Nachschau muss mit Automatisierungstechnik mindestens so sicher sein wie der manuell ausgeführte Prozess. Dafür werden bereits während der Entwicklung Kolleg*innen aus dem Bereich Safety und Spezialist*innen für die ICE-Züge hinzugezogen. Während für die konventionellen IT-Komponenten der Anlage Normen wie die EN 50128 (Software für Eisenbahnsteuerungsund Überwachungssysteme) herangezogen werden können, mangelt es bei maschinell lernenden Verfahren noch an Normen. Bei Letzteren müssen die qualitätssichernden Maßnahmen explizit nachgewiesen werden – unter anderem über Methoden wie eXplainable AI (XAI), Prüfungsprozesse bei der Erstellung der Trainings- und Test-Sets sowie bei der Evaluation von Modellen.

Künstliche Intelligenz im produktiven Einsatz

Die produktive Umgebung von E-Check ist nur ein Teil des Systems. Es gilt, einen Kreislauf zu schaffen, bei dem E-Check im Laufe der Weiterentwicklung immer genauer Befunde an Zügen ermittelt, dabei von Release zu Release in allen Belangen mindestens so gut wie das aktuelle Release sein muss – in Teilbereichen besser.

Eine Besonderheit steht dabei in scheinbarem Widerspruch und musste für E-Check in Einklang gebracht werden. Zum einen impliziert der Sicherheitsaspekt eine klare Trennung von Produktion und Entwicklung. Anpassungen können erst nach akribischen Tests und Vergleichen in Produktion gehen. Da die Modelle der Künstlichen Intelligenz aber nur durch produktive Daten und Rückmeldungen aus der Produktion effektiv lernen können, passen hier wiederum agile, iterative Vorgehen sowie ein CI/CD-Ansatz optimal.

E-Check ermöglicht den iterativen Ansatz, um aus produktiven Daten zu lernen, indem die Daten in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Umgebungen von Entwicklung über Training und Tests bis zur Produktivumgebung sind um die Daten gruppiert. Als Daten werden dabei alle Informationen betrachtet, die sich im Vorfeld in Piloten und im produktiven Prozess ergeben. Abbildung 1 zeigt, dass dies neben den Bildern aus der Anlage und den Ergebnissen eines aktuellen Release auch das Feedback der Mitarbeitenden, Trends in der Erkennung von Befunden beziehungsweise Ausreißer sind.

Digitalisierung im Rahmen der Strategie Starke Schiene

Die digitale Instandhaltung ist eine wesentliche strategische Stoßrichtung der Konzernstrategie Starke Schiene. Die Kerntechnologien, die dafür eine Rolle spielen, hat die Deutsche Bahn in ihrer Digital- und Technikstrategie definiert und konkreten Verantwortungsbereichen zugeordnet.

Vor diesem Hintergrund wurde 2021 das Konzernprogramm „Digitale Instandhaltung Fahrzeuge“, kurz DIFa, aufgesetzt. Thematisch zusammengehörende Projekte sind dabei in insgesamt sechs Modulen gebündelt, über die eine Ende-zu-Ende-Optimierung des Instandhaltungsprozesses sichergestellt ist.

Eine besonders enge Verzahnung findet dabei zwischen dem DIFa-Modul „Kamerabefundung im Werk“ und dem Projekt E-Check bei der DB Fernverkehr AG statt. Denn hier können Erkenntnisse, konkrete Lösungen und Ergebnisse als Synergieeffekte auf weitere Geschäftsfelder überführt werden.

Dem Einsatz datengetriebener Ansätze widmet sich das DB-interne „House of AI“ als Teil des Digitalisierungsbereichs der Deutschen Bahn. Das Ziel ist hierbei, Kompetenzen und Umsetzungsinitiativen zu bündeln, um zum einen Synergien für die Integration von Datennutzung und KI in den Kernprozessen der DB voranzutreiben und zum anderen konzernweite Standards für den Einsatz von KI gemeinsam mit den unterschiedlichen Geschäftsfeldern zu entwickeln. In den letzten zwei Jahren entstand dabei ein Portfolio rund um die Bereiche digitale Instandhaltung und Bahnbetrieb.

Abb. 2: Aufbau und Struktur des Konzernprogramms „Digitale Instandhaltung Fahrzeuge“ – DIFa (Quelle: Deutsche Bahn AG)

E-Check als Nukleus eines Analytikbaukastens

Das Thema „Kamerabefundung im Werk“ stellt ein eigenes Modul im Konzernprogramm DIFa dar, das die automatisierte Befundung von Zugbildern mit Hilfe von KI-Verfahren realisiert. Zur (Teil-)Automatisierung von Sichtprüfungstätigkeiten in der Instandhaltung werden hierbei KI-gestützte optische Befundungslösungen entwickelt sowie der Aufbau werksnaher Kamerabrücken, die diese Bilder erzeugen, unterstützt. Drei Projekte bilden hierfür den Ausgangspunkt: das beschriebene Projekt E-Check (DB Fernverkehr), die automatisierte Schaderkennung an Güterwagen (DB Cargo) sowie der Pilot zur Kamerabefundung bei der S-Bahn München (DB Regio).

Im Ergebnis wird durch alle drei Projekte die Gleiskapazität in den Werken erhöht, indem durch die KI-Assistentin für die Kolleg*innen in der Nachschau Zeit frei wird, die sie für die Reparatur von Schäden verwenden können.
Durch die enge Verzahnung mit dem Konzernprogramm DIFa und dem „House of AI“ werden Synergien im Bereich der Hardware und KI geschaffen. Neben der direkten Übertragung der Anwendungsfälle und der Nutzung der Lösungsmodule (Unterflur-, Seiten-, Dach- und Drehgestellscan) in weiteren Werken und Geschäftsfeldern liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau eines gemeinsamen Analytikbaukastens für bildgebende Verfahren, an dem alle Geschäftsfelder beteiligt sind.

Dieser Baukasten bildet die Basis für alle Kamerabefundungsprojekte bei der Deutschen Bahn, um schrittweise methodische, IT-technische und analytische Bausteine flexibel zur Verfügung stellen. Im Zusammenspiel mit den konzernweiten Entwicklungsplattformen können dadurch Mehrfachentwicklungen vermieden und Betriebsführungskosten deutlich reduziert werden. Zudem kann die Umsetzung neuer Anwendungsfälle in anderen Geschäftsfeldern deutlich beschleunigt werden, indem zum Beispiel auf vorhandene Modelle und Bibliotheken aufgebaut wird.

Die drei Projekte wirken gemeinsam bei der Standardisierung der notwendigen IT zusammen. Der Baukasten greift im Sinne eines Plattformgedankens die Synchronisation der IT-Entwicklungen auf: Wo gemeinsame IT-Komponenten genutzt werden können, werden diese durch den Analytikbaukasten möglichst generisch verwendbar entwickelt und konzipiert. Hier besteht eine große Nähe zu den konzernweiten Entwicklungsplattformen für das Internet of Things (IoT), Datenmanagement und KI. Mit dieser Kombination werden für die Skalierung der Projekte auf mehrere Standorte Effekte aus reduzierten Entwicklungsaufwänden durch Mehrfachnutzung von zum Beispiel KI-Modellen und IT-Komponenten sowie reduzierte Betriebskosten aufgrund standardisierter Software erreicht.

Abb. 3: Übersicht zum Analytikbaukasten (Quelle: Deutsche Bahn AG)

Ausblick

Aus der IT-Perspektive ist es für ein Datenspeicher-Konzept irrelevant, ob Bilder von Cargo, Regio oder Fernverkehr gespeichert werden. Daher bietet sich unter anderem an dieser Stelle eine gute Chance für ein synchrones Vorgehen. Darüber hinaus zeigen erste Arbeiten, dass lernende KI-Verfahren gut übertragbar sind: Eine Machbarkeitsstudie verdeutlicht, dass Modelle, die die Elektrik auf dem Dach des ICE 3 befunden können, sehr gut auf den ICE 4 übertragbar sind – mit dem Effekt, dass die Modelle nach kürzerer Zeit mit einer höheren Genauigkeit Komponenten auf dem Dach untersuchen konnten.

Für übergreifende Themen wie den Analytikbaukasten schafft DIFa einen exzellenten Rahmen, da Akteure und Aktivitäten in einem Programm zusammenkommen. Und natürlich gehen die Ideen weiter: Was wäre, wenn wir die Befundung mittels Kameras mit den Maßnahmen aus dem Bereich Condition Based Maintenance (CBM) kombinieren? Rein aus der Daten- und KI-Sicht ist die Kombination sogenannter strukturierter und unstrukturierter Daten, etwa Bilder, ein vielversprechendes Feld – letztlich mit dem Ziel, eine Befundung der Fahrzeuge unter Verwendung aller vorhandenen Informationen zu bündeln.

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Patrick Goldschmidt

AI Specialist
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Er ist AI Specialist im House of AI der Deutschen Bahn AG. Er verantwortet im Konzern den Aufbau von Standards in der Kamerabefundung mittels KI und ist Teilprojektleiter für KI im Projekt E-Check. Er hat an der HumboldtUniversität Berlin Wirtschaftsinformatik studiert und arbeitet seit 2018 für die Deutsche Bahn. Zuvor war er als Data Scientist für Banken und das Marketing in unterschiedlichen Industrien tätig.

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Jürgen Boiselle

Lead Architect
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Er ist Lead Architect Big Data & Datenstrategie bei der DB Systel. Er berät Projekte im Konzern zu den Themen Datenstrategie und Architekturen mit Big Data, Machine Learning oder KI-Anteil. Im Projekt E-Check orchestriert er als Integration Architect die einzelnen Architekturthemen des Teilprojekts IT. Er ist Diplom-Ingenieur und hat Technische Informatik studiert. Seine langjährige Erfahrung sammelte er als Berater und in leitenden Positionen unter anderem bei Microsoft und Teradata.

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Gregor Schmid

Leiter E-Check
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Er ist Leiter des Top-Projekts E-Check bei der DB Fernverkehr AG. Er hat Maschinenbau an der Hochschule Landshut studiert und arbeitet seit 2020 für die DB Fernverkehr. Zuvor war er Leiter Technik Schienenfahrzeuge bei der DB AG und in verschiedenen Leitungsfunktionen bei der ROBEL Bahnbaumaschinen GmbH tätig.

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Thomas Thiele

Chief Expert AI und Programm-Manager AI
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Er ist seit 2018 bei der Deutschen Bahn tätig. Er ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung KI-relevanter Themen im Gesamtkonzern und koordiniert als Chief Expert AI und Programm-Manager das House of AI der Deutschen Bahn. Als (Ko-)Autor von über 30 Publikationen im Kontext Digitalisierung gehören zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten der Aufbau von Dateninfrastrukturen, Daten analyse durch Machine Learning sowie Themen rund um Industrial AI.


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