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Einmal Patentrezept. Bitte sehr!

Ich arbeite mittlerweile schon recht lange in der IT-Beratung und es gibt eine Reihe von Dingen, die mich bis heute immer wieder mit einer gewissen Ratlosigkeit zurücklassen. Eines davon ist der ungebrochene Glaube an Patentlösungen. Diesen Glauben gibt es in verschiedenen Ausprägungen. So kam vor Kurzem ein Kunde mit einem Zuverlässigkeitsproblem in seiner IT-Landschaft auf mich zu. Wir diskutierten kurz über das Problem und dann wollte der Kunde von mir den fertigen Plan zum Beheben seiner Probleme haben – eine Patentlösung für solche Probleme. Ich sei ja Experte. Ich wisse, was zu tun ist.
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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum


  • 21.08.2023
  • Lesezeit: 2 Minuten
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Wenn ich irgendetwas in meiner beruflichen Laufbahn gelernt habe, dann ist es, dass es keine Patentlösungen gibt – zumindest wenn es darum gehen soll, ein gegebenes Problem ernsthaft zu lösen und nicht nur ein wenig Show zu machen, um dann eine Rechnung zu präsentieren. Jeder Kunde ist anders, jedes Problem ist einzigartig.


Natürlich gibt es Ähnlichkeiten. Auf der Metaprozessebene gibt es auch ein paar Standardbausteine: Problem identifizieren, Lösung definieren, abstimmen und umsetzen. Vielleicht fängt man noch halbwegs generisch bei der Problemidentifikation an. Aber ab dann zeigt sich der Weg, während man ihn geht. Keine Systemlandschaft ist wie die andere. Alle Organisationen sind hochgradig individuell. Das führt zu immer anderen Problemkonstellationen und Lösungsansätzen. Entsprechend funktionieren keine generischen Lösungsschablonen, keine Patentrezepte, die man über alle Unternehmen stülpen kann. Das ist zwangsläufig agil im ursprünglichen Sinne: Inspect and Adapt. Mache einen Schritt. Betrachte, was Du erfahren hast. Lerne. Überlege den nächsten sinnvollen Schritt. Und wieder von vorne. Idealerweise in vielen kleinen Schritten. Nur so ein Verfahren führt zu einer effektiven und damit auch wertstiftenden Lösung, die ein Problem in so einem komplexen Umfeld nachhaltig löst.

Das wollen aber all jene nicht, die sich ganz fest an Kontrolle und Vorhersagbarkeit klammern. Viele Manager – aber auch ganz viele andere Menschen – wollen stets präzise und garantierte Pläne haben, auf deren Einhaltung man pochen kann. Ein adaptives Vorgehen, bei dem man nicht bereits jetzt präzise sagen kann, zu welchem Ergebnis man in 3 Monaten, 2 Tagen und 5 Stunden gekommen sein wird, ist diesen Menschen ein Graus. Da hilft auch nicht, dass einem sowohl der gesunde Menschenverstand als auch der Stand der Wissenschaft sagen, dass Kontrolle über die Zukunft gerade in so komplexen Umfeldern eine Illusion ist.

Eigentlich wissen wir schon lange, dass man Komplexität am besten meistert, indem man einen Schritt nach dem anderen macht, lernt und nachjustiert. Dann kommt man in der Regel da an, wo man hinwill - meistens sogar günstiger als bei stumpfem, planbasiertem Vorgehen. Aber das ist bis heute hochgradig unpopulär. Das fühlt sich nach Kontrollverlust an. Das fühlt sich schwierig an. Dann doch lieber ein Patentrezept - auch wenn die verschriebene Medizin nur selten wirkt.

Uwe Friedrichsen
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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum
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Uwe Friedrichsen ist CTO und Softwerker der codecentric AG. Seit der Ausgabe 5/2018 ist er Herausgeber der IT-Fachzeitschrift IT Spektrum, ehemals OBJEKTspektrum.


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