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Endbenutzerwerkzeuge zur App-Entwicklung: Grundlagen, Kategorisierung und Risiken

Für die klassische Entwicklung einer App sind fundierte Programmierkenntnisse erforderlich. Nachdem darüber nur vergleichsweise wenige Personen verfügen, muss zwangsläufig oft der Weg einer kostspieligen Fremdentwicklung gewählt werden. Eine vielversprechende, deutlich kostengünstigere Alternative ist die Eigenerstellung mittels Endbenutzerwerkzeugen. Damit lassen sich nach Angaben der Hersteller Apps ohne oder nur mit geringem Programmierfachwissen erstellen. Jedoch erweist sich der Markt als komplex und unübersichtlich. Auch in der Fachliteratur wurde diese Thematik bislang lediglich partiell und fragmentiert behandelt. Vor diesem Hintergrund geht dieser Beitrag den Fragen nach, welche Werkzeuge zur Entwicklung von Apps durch Endbenutzer in der Praxis existieren, wie sich diese kategorisieren lassen und mit welchen Risiken deren Verwendung verbunden ist.
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Tobias Friedl

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  • 25.04.2020
  • Lesezeit: 22 Minuten
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Aufgrund der zunehmenden Verbreitung mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets in Verbindung mit weiter fallenden Preisen für mobilen Datenverkehr ist der Anteil mobiler Internetnutzer in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich angewachsen (2015: 54 Prozent; 2018: 68 Prozent) [Sta19a]. Erwartungsgemäß nahm parallel dazu der Umsatz mit den auf diesen Geräten nutzbaren Anwendungen, den sogenannten Apps, stetig zu. So wurden in Deutschland mit dem Verkauf von Apps im Jahre 2018 insgesamt 1,57 Milliarden Euro umgesetzt – ein Anstieg um 100 Millionen Euro gegenüber 2017 [Sta19b]. Apps haben sich somit inzwischen sowohl national als auch international zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Voraussetzung für die Erstellung einer App im klassischen Sinne ist zum einen die Beherrschung einer spezifischen Programmiersprache – Java für Android beziehungsweise Swift für iOS – und zum anderen die Kenntnis der betriebssystemspezifischen Programmierschnittstelle (API). Was dieses Know-how anbelangt, herrscht jedoch ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage: Einer Studie des US-amerikanischen Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Gartner [Gar15] zufolge waren bereits Ende 2017 weltweit über fünf Mal mehr App-Entwicklungsdienste nachgefragt als die internen IT-Abteilungen erbringen konnten. Ein Blick auf die deutsche Universitäten- und Hochschullandschaft zeigt, dass nur wenige davon App-Entwicklungskurse anbieten und somit der Mangel an Nachwuchskräften, zumindest in Teilen, hausgemacht ist. Natürlich besteht die Möglichkeit, Apps fremdentwickeln zu lassen. Da sich die Anbieter ihrer Marktmachtposition bewusst sind, werden dafür allerdings relativ hohe Preise angesetzt. Diese können je nach Leistungsumfang und Entwickler der App (professionelle Agenturen oder Freelancer) enorm variieren. Dazu fallen Ausgaben für den Betrieb und die Wartung sowie häufig für die Abdeckung mehrerer Betriebssysteme an. Dieses Gesamtpaket können insbesondere kleine Unternehmen und Vereine, aber auch mitunter mittlere Unternehmen, nur schwer stemmen. Eine vielversprechende, deutlich kostengünstigere Alternative zur Fremderstellung ist die Eigenerstellung mittels Endbenutzerwerkzeugen [Nam16]. Damit lassen sich laut den Herstellerangaben Apps ohne oder nur mit geringem Programmierfachwissen erzeugen. Konkret werben die Hersteller meist damit, dass die dadurch produzierbaren Apps als Marketingwerkzeuge zur Steigerung der Endkundenbindung und schlussendlich des Umsatzes beitragen. Allerdings erweist sich der Markt aus Kundensicht als komplex und unübersichtlich. In der Fachliteratur wurde die Thematik trotz des zweifellos erheblichen Potenzials für die Praxis bislang lediglich partiell und fragmentiert behandelt. Vor diesem Hintergrund geht dieser Beitrag den Fragen nach, welche Werkzeuge zur Entwicklung von Apps durch Endbenutzer in der Praxis existieren, wie sich diese kategorisieren lassen und mit welchen Risiken deren Verwendung verbunden ist. Dazu führten die Autoren eine umfassende Marktrecherche durch und verprobten die kostenlos zugänglichen Werkzeuge und betrachteten Muster-/ Referenz-Apps sowie die Herstellerwebseiten.

Hintergrund

Arten von Apps
Apps lassen sich in technischer Hinsicht in folgende vier Arten kategorisieren [Büh19]:

  • Web-Apps sind für Mobilgeräte optimierte Internetseiten, deren Aufruf über die URL im Browser erfolgt. Folglich kann ein mobiles Endgerät betriebssystemübergreifend die App nutzen. Für einen schnellen Aufruf lässt sich eine Verknüpfung auf dem Homescreen platzieren.
  • Progressive Web-Apps stellen eine moderne Form von Web-Apps dar, die auf HTML5, CSS3 und JavaScript basiert. Zu den zusätzlichen Funktionalitäten zählen insbesondere Offlinefähigkeit, Push-Benachrichtigungen und Datensynchronisation, wodurch diese Ausprägung deutlich hardwarenäher ist.
  • Native Apps werden in einer für das Betriebssystem des mobilen Endgeräts spezifischen Programmiersprache entwickelt. Dadurch ist sichergestellt, dass sämtliche Hardwarefunktionalitäten verwendet werden können, sich die Apps ins Betriebssystem integrieren und dessen Look-and-Feel haben sowie die Ressourcen des Geräts optimal genutzt werden können.
  • Hybride Apps kombinieren die Vorteile von nativen Apps und Web-Apps. Wie Web-Apps werden sie mithilfe von Webtechnologien erstellt, daher sind sie auf verschiedenen Betriebssystemen verwendbar. Zudem ermöglichen hybride Apps den Zugriff auf die Gerätehardware mittels nativer Komponenten. Die Performanz von nativen Apps erreichen sie aber nicht.

Kategorien von App-Entwicklungswerkzeugen
Unabhängig von der Art einer App erfolgt deren Erstellung mithilfe von Softwarewerkzeugen. Diese Werkzeuge unterscheiden sich in der Gestaltungsfreiheit einer App, der Nutzungsmöglichkeit der technischen Funktionen eines mobilen Endgeräts und dem erforderlichen Programmierfachwissen. Auf der Basis lassen sich aus Sicht der Autoren folgende vier Kategorien von Entwicklungswerkzeugen bilden: Traditionell geschieht die Entwicklung von Apps mittels (1) klassischer integrierter Entwicklungsumgebungen (IDEs) wie AndroidStudio für Android und Xcode für iOS. Trotz zunehmender Komfortfunktionen wie Code-Autovervollständigung, Syntaxhervorhebung oder statische Codeanalysen zur Fehleraufdeckung sind die Beherrschung der entsprechenden Programmiersprachen wie Java, XML oder Swift sowie detaillierte Kenntnisse über die API des Zielbetriebssystems unerlässlich.
(2) Frameworks für Multiplattformentwicklung wie Appcelerator Titanium und Adobe PhoneGap können mit einer einzelnen geschaffenen Codebasis gleichzeitig mehrere mobile Betriebssysteme bedienen. Sie erfordern in den allermeisten Fällen lediglich Webprogrammiersprachen wie JavaScript, HTML und CSS. Daneben existieren einzelne Werkzeuge wie Xamarin, bei denen die Anwendungslogik etwa mit C# und .NET entwickelt wird. Damit die erstellten Apps auf allen Geräten in gleicher Weise funktionieren, sind allerdings nicht sämtliche Funktionen eines Betriebssystems vollumfänglich nutzbar.
(3) IDEs zur visuellen Programmierung wie MIT App Inventor und Kodular liegen hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit einer App und des erforderlichen Programmierfachwissens zwischen den ersten beiden und der vierten Kategorie: Über eine grafische Schnittstelle können Anwender per Drag-and-Drop-Methode vordefinierte grafische Blöcke zu einer App formen. Diesen Blöcken lassen sich teils Parameter übergeben, wie etwa einer Browserkomponente eine URL oder einer Schleifenkomponente die Anzahl an Durchläufen. Ein höchstens rudimentäres Verständnis von Programmiersprachkonzepten muss vorliegen. Kenntnisse von APIs oder der Syntax von Programmiersprachen sind nicht erforderlich. Ein wesentlicher Nachteil: Der Entwickler ist auf die vorgegebenen Blöcke und deren Kombinationsmöglichkeiten beschränkt. Den eindeutig geringsten Gestaltungsfreiheitsgrad bieten (4) App-Generatoren. Dafür existieren sowohl in der Fachliteratur als auch in der Praxis zahlreiche weitere synonym verwendete Bezeichnungen wie App-Baukästen, -Builder oder auch -Autorenwerkzeuge. Mit App-Generatoren können Apps via grafische Oberfläche konfiguriert werden. Die meisten dieser Werkzeuge bieten ausschließlich fertige Module an, die über Parameter angepasst werden können. Zu den verwendbaren Funktionalitäten zählen unter anderem das Hochladen von Hintergrund- und Galeriebildern, das Definieren von Dropdown-Menüs und das Einbinden von sozialen Netzwerken. Da selbst die Modellierung von Kontrollstrukturen wie Verzweigungen und Schleifen zumeist wegfällt, ist diese Werkzeuggruppe für Endbenutzer geradezu prädestiniert. In Anbetracht dessen bilden App-Generatoren den Schwerpunkt dieses Beitrags.

Konflikt zwischen App-Generatoren und Store-Richtlinien
Aufgrund der enormen Zunahme von mittels App-Generatoren erzeugten, zugegebenermaßen des Öfteren geringwertigen Apps verschärfte Apple im Jahre 2017 die eigenen Store-Richtlinien dahingehend, dass derartige Apps grundsätzlich nicht weiter aufgenommen wurden. Dies bedeutete seinerzeit einen herben Rückschlag und faktisch das Aus für App-Generatoren und mehr als 10.000 damit erzeugten Apps. Nach Protesten hob Apple dieses Verbot kurze Zeit später teilweise wieder auf und erlaubte Apps in den Fällen, in denen der Ersteller einen eigenen kostenpflichtigen Entwickler-Account besitzt und die Apps ein Mindestmaß an Interaktivität und Funktionalität und insbesondere einen Mehrwert gegenüber einer Webseite aufweisen. Bis auf Weiteres ausgeschlossen bleiben somit Apps, die im Prinzip nur ein Browser mit festgelegter, statischer Webseite sind und/oder die seitens des App-Generator-Anbieters für seine Kunden in den Store eingestellt wurden. Hauptkonkurrent Google orientiert sich weitgehend an diesen Richtlinien.

Das App-Generator-Ökosystem
Das App-Generator-Ökosystem erscheint für potenzielle App-Generator-Nutzer vielfach als komplex und intransparent. Dieser Umstand ist einer der Hauptgründe dafür, weshalb App-Generatoren bislang nicht in einem noch höheren Maße Verbreitung fanden. In Anbetracht dessen haben die Autoren auf Basis ihrer Marktrecherche ein bislang in der Fachliteratur fehlendes Beschreibungsmodell des App-Generator-Ökosystems entwickelt (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Modell des App-Generator-Ökosystems

Das App-Generator-Ökosystem enthält neben menschlichen Akteuren (Ovale) technische Komponenten (Rechtecke) und Beziehungen (beschriftete Kanten). Zum besseren Verständnis der Abbildung ein anschauliches Beispiel: Metzgermeister Meier (App-Generator-Nutzer (1)), der an zwei Standorten eine Metzgerei mit Stehimbiss betreibt, möchte seinen Kunden eine App anbieten, mit der diese unter anderem die Wochenspeisekarte ansehen und Vorbestellungen tätigen können. Da er und auch keiner seiner Mitarbeiter über Programmierkenntnisse verfügt und ihm eine Entwicklung durch einen Dienstleister zu teuer ist, entscheidet er sich für die Nutzung eines App-Generators (2a). Alternativ könnte er sich an einen Reseller (2b) wenden, der mit dem App-Generator (2a) im Hintergrund als eigenständiger Anbieter auftritt. Herr Meier erstellt die App (3) mit der Web-Anwendung (2a) des App-Generator- Anbieters (7). Dabei bindet er externe Inhalte (4) wie seine Facebook-Seite oder einen YouTube-Kanal ein. Nachdem Herr Meier die App (3) fertiggestellt hat, lädt er das Installationspaket der App herunter und reicht es in den App-Store (5) von Google und/oder Apple ein. Diesen Schritt darf ihm der App-Generator-Anbieter (7) wegen der verschärften Store-Richtlinien nicht mehr abnehmen. Manche App-Generator-Anbieter (7) bieten zumindest einen automatischen Upload, sofern ihnen die Zugangsdaten des Entwickler-Accounts des App-Stores (5) mitgeteilt werden. Nach einer erfolgreichen Überprüfung auf Einhaltung der Store-Richtlinien und Freiheit von Schadcode durch den Store-Betreiber (8) ist die App (3) veröffentlicht. Im Falle einer Ablehnung wird der App-Generator-Nutzer (1) über die Gründe durch den App-Store (5) informiert. Kunden des Herrn Meier, also App-Nutzer (6), können von nun an die App (3) vom Store (5) herunterladen und installieren. Gibt es eine neue Version der App (3), erhalten die App-Nutzer (6) darüber Updates. Bei Updates im Hinblick auf statische Inhalte oder des Codes der App ist das Übertragen der aktualisierten App (3) in Richtung der Stores (5) durch den App-Generator-Nutzer (1) nötig. Für dynamische Inhalte, etwa Daten von Facebook oder mittels Web-Services eingelesener Daten wie Wetterberichte, ist kein Update der App (3) erforderlich, da diese Inhalte unmittelbar aus dem Internet geladen werden. Herr Meier kann sowohl im Portal des App-Stores (5) als auch des App-Generators (2a) Nutzungsstatistiken, wie die Downloadzahlen der App (3) oder die Herkunft der App-Nutzer (6), einsehen.

Forschungsmethodisches Vorgehen

Um eine Bestandsaufnahme des vorhandenen Marktangebots an Werkzeugen zur App-Entwicklung durch Endbenutzer zu realisieren, dieses zu kategorisieren und zu analysieren, wurde im Dezember 2019 und Januar 2020 eine systematische Marktrecherche mittels der Google-Suchmaschine durchgeführt. Hierbei wurden ausschließlich App-Generatoren einbezogen, da nur diese das Erstellen von Apps gänzlich ohne Programmierkenntnisse ermöglichen. In einem früheren Beitrag der Autoren [Fri16] wurden aus der Wissenschaft stammende App-Generatoren betrachtet. Da diese aber meist nach Ende des jeweiligen Forschungsprojekts nicht mehr gewartet werden, die Inbetriebnahme aufwendig sein kann und kaum Support gegeben ist, wurden diese Werkzeuge für diesen Praktikerbeitrag nicht berücksichtigt. Anschließend wurde jedes der kostenlosen beziehungsweise kostenlos testbaren Werkzeuge verprobt. Bei den kostenpflichtigen Werkzeugen wurden dagegen die Internetseiten der App-Generator-Anbieter systematisch gesichtet. Auch wurden, soweit vorhanden, Muster-Apps der Anbieter und gelistete, von App-Generator-Nutzern erstellte Referenz-Apps betrachtet. Eine in eine finale Werkzeugempfehlung mündende vergleichende Bewertung der App-Generatoren erfolgte bewusst nicht. Denn aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte der App-Generatoren und der heterogenen Anforderungen seitens kleiner und mittlerer Unternehmen und Vereinen wäre eine objektive und aussagekräftige Evaluierung nur schwer möglich gewesen. Das Ergebnis der Marktrecherche waren 67 App-Generatoren [SIGS]. Die App-Generatoren wurden nach den primären Anwendungszwecken der damit erstellbaren Apps gruppiert und im Hinblick auf sechs für Nutzer als besonders relevant erachtete Kriterien (Umfeld der Entwicklung, Preise und Tarife, unterstützte Betriebssysteme, Art der erstellbaren Apps, adressierte Branchen und Reseller-Programme) untersucht.

Ergebnisse der Untersuchung

Primäre Anwendungszwecke der erstellbaren Apps
Gemäß den primären Anwendungszwecken der erstellbaren Apps können die identifizierten App-Generatoren in folgende vier Gruppen eingeteilt werden:
Anwendungsneutrale Werkzeuge (83,6 Prozent, z. B. AppMachine und GoodBarber) bilden die Gruppe mit den eindeutig meisten Vertretern. Die damit erzeugbaren Apps ermöglichen hauptsächlich das Verarbeiten und das Darstellen statisch eingebundener oder dynamisch aus dem Internet geladener Daten. Seitens App-Generator-Anbietern werden sie zumeist für Marketingeinsatzzwecke beworben. Die Grundfunktionalität entspricht der eines einfachen Content-Management-Systems für Webseiten. Tabelle 1 listet die typischen Funktionen auf.

Tabelle 1: Typische Funktionen anwendungsneutraler App-Generatoren

Werkzeuge für Datenerhebungs-Apps (6 Prozent, z. B. Canvas und Guided App Creator) unterstützen die formularbasierte Datenerhebung: Der App-Generator-Nutzer kann Felder anlegen, die der App-Nutzer zu befüllen hat. Wie bei Online-Umfrageplattformen üblich, können Pflichtfelder und Datentypen definiert werden. Integraler Bestandteil ist die Verzweigung: In Abhängigkeit der Nutzereingaben wird unterschiedlich fortgefahren (variable Fragefolgen). Oftmals lässt sich mit GPS der Standort automatisch übermitteln und mit der Kamera ein Barcode scannen oder ein Foto machen. Das Backend der Systeme bietet meist die Auswertung der erhobenen Daten inklusive Visualisierung an. Neben Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine papierlose Möglichkeit zur Datenerfassung geben möchten, richten sich einzelne Systeme an spezielle Gruppen. Dazu zählt medizinisches Personal (Ergebung und Überwachung der Gesundheitsdaten von Patienten) oder der Bereich Citizen Science (Datensammlung durch Laien für wissenschaftliche Zwecke, wie Vogelzählungen).
Werkzeuge für E-Shop-Apps (6 Prozent, z. B. Mobile Commerce und SimiCart) erstellen entsprechende Apps – sie funktionieren entweder auf Basis eines anhand eines Online-Shop-Management-Systems wie Magento oder Zen Cart geschaffenen E-Shops.
Oder sie arbeiten eigenständig, das heißt, sie haben die Warenverwaltung selbst integriert und kommen ohne externen E-Shop als Grundlage aus. Dabei wird aber nicht wie bei Wrappern einfach die Webseite des Shops in eine App gepackt, sondern direkt über eine Schnittstelle auf die Datenbank des Online-Shops zugegriffen.
Wrapper (4,4 Prozent, z. B. mywrapp und mymobileApp) erschaffen hybride Apps, die im Kern eine externe Website darstellen und nur über wenig weitere Funktionen verfügen. Ein weitverbreitetes Beispiel sind Apps, die auf einer Facebook-Seite basieren und lediglich deren Inhalt abbilden. Aufgrund der verschärften Store-Richtlinien wurde diese Kategorie über die Jahre zusehends ausgedünnt.

Ergebnisse der weiteren Analyse

  • Umfeld der Entwicklung: Bei den App-Generatoren dominieren Web-Anwendungen. Desktop-Anwendungen bilden die Ausnahme. Nach dem Login auf der Website des Anbieters können Apps erstellt und verwaltet werden. Vielfach werden Statistiken, wie etwa die Downloadzahlen der App oder die Herkunft der App-Nutzer, angeboten. Sämtliche Daten der Apps befinden sich somit auf einem entfernten Server.
  • Preise und Tarife: Die meisten App-Generator-Anbieter stellen verschiedene Tarife zur Auswahl. Diese unterscheiden sich im Hinblick auf enthaltene Features, Begrenzungen bei Installationen, App-Arten, unterstützte Betriebssysteme und Services wie Beratung, Store-Upload und Support. Nur wenige Anbieter haben kostenlose Tarife. Die kostenpflichtigen Tarife setzen sich für gewöhnlich aus einmaligen Einrichtungs- und monatlichen Nutzungsgebühren (von einstelligen Beträgen bis hin zu 2.000 Euro) zusammen. Nur knapp ein Drittel der Anbieter gestattet einen kostenlosen Test.
  • Unterstützte Betriebssysteme: Die beiden verbreitetsten mobilen Betriebssysteme – iOS und Android – werden nahezu von allen untersuchten Werkzeugen unterstützt. Nur wenige Anbieter beschränken sich auf nur eines der beiden. Eine Unterstützung von exotischen Betriebssystemen wie Windows Phone oder Firefox OS ist die Ausnahme.
  • Art der erstellbaren Apps: Als dominante App-Art stellten sich die hybriden Apps heraus. Native Funktionen zum Zugriff auf die Gerätehardware kombiniert mit Inhalten in HTML und CSS scheint für App-Generator-Anbieter die einfachste Möglichkeit zur Generierung von Apps für zwei Betriebssysteme zu sein. Auch Web-Apps oder progressive Web-Apps gibt es relativ häufig. Da bei nativen Apps für Android und iOS eine jeweils eigene Codebasis benötigt wird, ist der Wartungsaufwand für die App-Generator-Anbieter hierbei am größten.
  • Adressierte Branchen: Die klare Mehrheit der App-Generatoren zielt nicht auf eine bestimmte Branche ab. Sie richten sich gleichermaßen an einen kleinen Handwerksbetrieb, eine Arztpraxis oder ein Architekturbüro. Beispiele für branchenspezifische Angebote sind Mobile Brownie (Stadtmarketing für Kleinstädte), AppNotch (Direktproduktvertrieb) sowie web-MOBI und attendify (Event-Veranstalter). Die Branchenspezifität zeigt sich durch die im App-Generator vordefinierten Funktionen.
  • Reseller-Programme: Gut die Hälfte der App-Generator-Anbieter unterhält Reseller-Programme. Im Rahmen dessen kann ein Unternehmen mit einem App-Generator Apps erstellen und diese an seine eigenen Kunden veräußern. Der Reseller hat in der Regel eine Einmalzahlung für einen Reseller-Zugang und regelmäßige Gebühren je verkaufter App zu entrichten.

Tabelle 2 fasst die Ergebnisse der weiteren Analyse zusammen.

Tabelle 2: Ergebnisse der weiteren Analyse (Mehrfachnennungen möglich)

Risiken bei der Verwendung von App-Generatoren

Die überaus positiv formulierten Angaben und Werbebotschaften der App-Generator-Anbieter dürfen keinesfalls über die mit der Nutzung verbundenen Risiken hinwegtäuschen. Bei den App-Generatoren handelt es sich nahezu ausschließlich um Web-Anwendungen. Die erstellten Apps und die darin enthaltenen Daten befinden sich entweder auf einem Server des Anbieters oder eines dritten Cloud-Computing-Anbieters (mit Siberian CMS erlaubt nur ein einziger Anbieter ein On-Premise-Hosting). Bei Letzterem kann es sich um einen global agierenden Hyperscaler wie Amazon Web Services oder Microsoft, einen nationalen Anbieter wie die Deutsche Telekom oder auch einen kleinen regionalen Anbieter handeln. Je nach Cloud-Computing-Anbieterkategorie entsteht ein mehr oder minder großes Datenschutz- und Datensicherheitsrisiko. App-Generator-Nutzer sollten darauf bestehen, dass insbesondere ihre geschäftskritischen Daten innerhalb Deutschlands oder zumindest Europas im Einklang mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) gespeichert werden und die gängigen Zertifizierungen wie ISO 27001 und C5 vorliegen [Flo19]. Wie die Marktrecherche ergab, mussten sich einzelne Anbieter aus dem Markt zurückziehen, da sie die EU-DSGVO nicht erfüllen konnten. Die 2016 durchgeführte Studie zu Endbenutzerwerkzeugen [Fri16] ermittelte 90 Werkzeuge – vier Jahre später nur noch 67. Verstärkt wird dieser Befund dadurch, dass der Internetauftritt von zwölf der 67 identifizierten Werkzeuge den Eindruck vermittelt, als hätte mehrere Jahre keine Aktualisierung stattgefunden. Die jährlich neu erscheinenden Betriebssystemversionen und sich ändernde Richtlinien der App-Stores machen oftmals Anpassungen an den Apps und folglich auch an den App-Generatoren erforderlich. Ob dies auch bei denjenigen mit veralteter Website erfolgt, muss angezweifelt werden. Dies lässt den Schluss zu, dass der App-Generator-Markt sehr dynamisch ist und eine Konsolidierung stattfindet. Aus Sicht der App-Generator-Nutzer stellt dieser Umstand ein erhebliches Risiko dar: Im Falle des Einstellens ihres verwendeten App-Generators ist eine aufwendige Neuerstellung der App bei einem anderen Anbieter unausweichlich. Denn aufgrund der proprietären Plattformen ist ein direkter Umzug einer App von einem zum anderen Anbieter nicht möglich. Den Quellcode zu erwerben, bieten lediglich fünf der Werkzeuge an. App-Generator-Nutzer müssen sich dieser Gefahr bewusst sein und deshalb bei der Anbieterwahl mit äußerster Sorgfalt vorgehen. Im Zweifelsfall sollte sich für einen App-Generator-Anbieter entschieden werden, der bereits eine gewisse Historie und einen gewissen Kundenstamm vorweisen kann. Trotzdem obliegt man, typisch für Cloud-Computing-Anwendungen, immer einem Vendor-Lock-in [Flo18]. Der App-Generator-Nutzer ist somit dem Anbieter, was die Entwicklung der möglichen Features und der Preisgestaltung angeht, weitgehend ausgeliefert. Auf den Internetseiten der App-Generator-Anbieter wird des Öfteren „nativ“ als App-Art angegeben, obwohl eigentlich hybride Apps erzeugt werden. Auch die Preisinformationen auf den Titelseiten der Internetaufritte waren nicht immer transparent und vollständig. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass teils entgegen den Herstellerangaben lediglich eine eingeschränkte Basisversion kostenlos angeboten wird und wichtige Funktionen Zusatzkosten verursachen. App-Generator-Nutzer sollten daher auf die AGBs achten, um sich vor versteckten Kosten zu schützen. In einer umfangreichen Studie [Olt18] wurde 2018 die Sicherheit der mit App-Generatoren angefertigten Apps untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Apps häufig ohne oder mit einer für heutige Standards unzureichenden Verschlüsselung mit dem Backend kommunizieren, mehr Berechtigungen im Betriebssystem als nötig einfordern und ein intensives Nutzer-Tracking betreiben. Gerade die beiden erstgenannten Punkte bieten Angriffsflächen für Hacker. In Anbetracht dessen sollten App-Generator-Nutzer genauestens abwägen, welche Daten sie in die Apps integrieren.

Die zentralen Prüfaspekte für zukünftige App-Generator-Nutzer auf einen Blick:

  • Speicherort der Daten, EU-DSGVO und Zertifizierung des Hosters
  • Historie, Kundenstamm und Finanzstärke des App-Generator-Anbieters
  • Umzugsmöglichkeit der App
  • AGBs und im Tarif enthaltene Funktionen
  • Verschlüsselung, Berechtigungen und Nutzer-Tracking

Fazit

Die weit verbreiteten Aussagen innerhalb der Fachliteratur, wonach das Marktangebot an App-Endbenutzerwerkzeugen äußerst gering sei (z. B. [Bar19], [Dan14]), lässt sich durch die durchgeführte Marktrecherche widerlegen. Die Forschung liegt in diesem Bereich offensichtlich deutlich hinter der Praxis zurück. Dieser Umstand manifestiert sich auch darin, dass über Erfahrungen mit App-Generatoren und den wissenschaftlichen Nachweis für deren tatsächlichen Nutzen, abgesehen von den erwartungsgemäß positiv formulierten Angaben der App-Generator-Anbieter selbst, wenig belastbare Informationen vorliegen. Aufgrund des zumeist prototypischen Charakters, der teils umständlichen Einrichtung und der häufig veralteten Zielbetriebssysteme finden die Werkzeuge aus der Wissenschaft in der Praxis kaum Verwendung. Die kommerziellen App-Generatoren sind dagegen durchaus gefragt. So wurden 11,1 Prozent aller kostenlosen Android-Apps mit App-Generatoren erstellt [Olt18]. Beispiele für führende App-Generatoren sind Andromo mit 1,3 Prozent und Seattle Clouds mit 0,9 Prozent aller Android-Apps [App19]. Angesichts der abnehmenden, aber weiterhin hohen Anzahl von 67 Anbietern ist der Markt hart umkämpft. Zusammengefasst soll dieser Beitrag Entscheidungsträgern in Unternehmen, aber auch Vereinsfunktionären hinsichtlich der Existenz und des hohen Potenzials von App-Endbenutzerwerkzeugen sensibilisieren. App-Generatoren stellen eine vielversprechende und vor allem kosteneffiziente Möglichkeit dar, um an eine eigene App zu gelangen – mit der Einschränkung, dass sich damit keine komplexen, stark individualisierten Apps erstellen lassen. Denn diese Werkzeuge bieten ausschließlich vorgegebene Module, die parametrisiert werden können. In derart gelagerten Fällen wird sich auch weiterhin eine händische Programmierung nicht vermeiden lassen. Aber für relativ einfach gehaltene Apps mit statischen Inhalten, wie sie eben insbesondere kleinen Unternehmen und Vereinen, aber auch mitunter mittleren Unternehmen genügen, sind App-Generatoren bestens geeignet. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass auch die Risiken hinreichend berücksichtigt und behandelt werden.

Literatur & Links

[App19] AppBrain, Android App Frameworks, siehe:
http://www.appbrain.com/stats/libraries/tag/app-framework/android-app-frameworks?sort=apps

[Bar19] B. R. Barricelli, F. Cassano, D. Fogli, A. Piccinno, End-User Development, End-User Programming and End-User Software Engineering: A Systematic Mapping Study, in: J. of Systems and Software, 149, S. 101-137, 2019

[Büh19] P. Bühler, P. Schlaich, D. Sinner, Apps, in: P. Bühler, P. Schlaich, D. Sinner (Hrsg.), Digital Publishing, Springer Vieweg, S. 76-97, 2019

[Dan14] J. Danado, F. Paternò, Puzzle: A Mobile Application Development Environment Using a Jigsaw Metaphor, in: J. of Visual Languages & Computing, 25(4), S. 297-315, 2014

[Flo18] S. Floerecke, F. Lehner, Success-Driving Business Model Characteristics of IaaS and PaaS Providers, in: Int. J. on Cloud Computing: Services and Architecture (IJCCSA), 8(6), S. 1-22, 2018

[Flo19] S. Floerecke, F. Lehner, Der ungleiche Kampf um Marktanteile im Infrastructure-as-a-Service-Segment: Erfolgswirksame Geschäftsmodellcharakteristika regionaler Anbieter im Wettbewerb mit den Hyperscalern, in: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 56(6), S. 1334-1354, 2019

[Fri16] T. Friedl, F. Lehner, Endbenutzer-Tools zur Entwicklung mobiler Anwendungen: Überblick über das aktuelle Angebot, in: Passauer Diskussionspapiere, W-42-16, Universität Passau, 2016

[Gar15] Gartner Says Demand for Enterprise Mobile Apps Will Outstrip Available Development Capacity Five to One, 2015, siehe:
https://www.gartner.com/en/newsroom/press-releases/2015-06-16-gartner-says-demand-for-enterprise-mobile-apps-will-outstrip-available-development-capacity-five-to-one

[Nam16] A. Namoun, A. Daskalopoulou, N. Mehandjiev, Z. Xun, Exploring Mobile End User Development: Existing Use and Design Factors, in: IEEE Trans. on Software Engineering, 42(10), S. 960-976, 2016

[Olt18] M. Oltrogge, u. a., The Rise of the Citizen Developer: Assessing the Security Impact of Online App Generators, in: IEEE Symposium on Security and Privacy, S. 634-647, 2018

[SIGS] App-Generatoren, Datensammlung und Datenauswertung, siehe:
https://bit.ly/33J9pTb

[Sta19a] Statista, Anteil der mobilen Internetnutzer in Deutschland in den Jahren 2015 bis 2018, 2019, siehe:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/633698/umfrage/anteil-der-mobilen-internetnutzer-in-deutschland/

[Sta19b] Statista, Umsatz mit mobilen Apps in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2018 sowie eine Prognose für 2019, 2019, siehe:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/173810/umfrage/umsatz-mit-mobilen-apps-in-deutschland-seit-2009/

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Tobias Friedl

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Tobias Friedl, M.Sc. ist Programmierer und Customizer am Zentrum für Informationstechnologie und Medienmanagement der Universität Passau. Aktuell beschäftigt er sich mit der Einführung eines neuen Campus-Management-Systems. Davor forschte er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Passau auf dem Gebiet der App-Entwicklung.
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Dr. Sebastian Floerecke arbeitet bei der Flughafen München GmbH als IT Solution Manager und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Themengebieten Cloud-Computing, hybride Produkte, Apps, Anforderungsmanagement sowie Ökosystem- und Geschäftsmodelle. Zuvor war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Passau in Forschung und Lehre tätig.

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