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"Entscheidend ist ein einheitliches Testverständnis"

Versicherungen haben bereits früh Computer genutzt. Dementsprechend ausgereift und bewährt sind die Kernsysteme. Dennoch müssen auch diese immer wieder modifiziert und erweitert werden, z. B. aufgrund von Gesetzesänderungen, aber auch weil innovative IT-Technologien genutzt werden sollen. Wir fragten Karl Kemminger, welche Konsequenzen das für den Softwaretest hat. Er ist Testmanager bei der AUVA in Wien, einer Unfallversicherung für rund 4,5 Millionen Personen.

  • 23.04.2021
  • Lesezeit: 4 Minuten
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Herr Kemminger, wie sind bei der AUVA die Softwaretester gefordert, damit qualitativ hochwertige Software schnell und zuverlässig bereitgestellt wird?

Karl Kemminger: Die größte Herausforderung ist unsere äußerst heterogene Softwarelandschaft. Ich spreche gern von einem Software-Zoo, denn wir haben Software zur Unterstützung von Präventionsmaßnahmen, zum Management von Unfallkrankenhäusern und Reha-Kliniken, für die Abrechnung und das Management unserer Leistungen und zur Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit.

Unsere Aufgabe ist es, entsprechende Standartsoftware von Lieferanten zu übernehmen und zu betreiben. Wo das nicht möglich oder unwirtschaftlich ist, erstellen und betreiben wir entweder eigene Individualsoftware oder beauftragen diese Spezialanfertigungen. Unsere Unfallversicherungssoftware beispielsweise haben wir im Hause selbst entwickelt; diese Software ist auch deshalb weltweit einmalig, weil sie die österreichischen Gesetze exakt umsetzt.

All diese Softwaresysteme haben eines gemeinsam: Wir müssen sie testen, z. B. ihre Stabilität, ihre Funktionalität, ihre Bedienbarkeit oder ihre Schnittstellen. Wie im Zoo jedes Tier eine andere Betreuung braucht, aber auch spezielles Futter und eigene Schutzvorrichtungen, müssen wir einerseits Vielfalt leben und doch fix Lösungen für jede Software-Spezies parat haben. Nur Tools wie Microsoft Word oder Excel testen wir nicht.

Wie kann das gelingen? Wie bringen Sie diese Vielfalt unter einen Hut?

Karl Kemminger: Wichtig ist bei aller Vielfalt: Unsere Software muss funktionieren. Das stellen wir durch Testen sicher, denn andernfalls wäre es fatal. Unsere Krankenhaussoftware beispielsweise arbeitet ja mit sensiblen Patientendaten und -medikationen. Da darf absolut nichts schief laufen; deshalb stellen wir mit Penetrationstests sicher, dass die Daten keinesfalls in falsche Hände gelangen können. Diese Tests führen wir teilweise selbst durch, teilweise beauftragen wir auch Dienstleister.

Vorstellung Karl Kemminger

Sie fordern ein einheitliches Testverständnis trotz der Notwendigkeit unterschiedlicher Tools und Methoden. Warum?

Karl Kemminger: Die Tester wechseln ja gelegentlich in andere Projekte und Abteilungen. Wenn dort die identischen Tools und Methoden genutzt werden, wird vieles einfacher. Ein einheitliches Testverständnis macht auch die Zusammenarbeit verschiedener Teams einfacher, wie sie etwa beim Bau von Schnittstellen erforderlich wird.

Manchmal muss man dem Management auch noch die Bedeutung des Testens nahebringen, denn die wird leider immer noch gerne unterschätzt. Auch hier hilft ein einheitliches Auftreten sehr. Deshalb habe ich schon vor mehr als zehn Jahren ein Testhandbuch geschrieben, in dem die – auch nicht-funktionalen – Testverfahren beschrieben sind. Außerdem gibt es einheitliche Empfehlungen zu Testmanagement und -planung. Dabei haben wir das Rad nicht neu erfunden, sondern uns eng an die Standards des ISTQB (International Software Testing Qualifications Board) angelehnt.

Es gibt natürlich Unterschiede bei großen oder kleinen Projekten, aber gewisse Grundsätze gelten bei uns immer.

Welche Tools und Methoden haben Sie bei der AUVA bewährt?

Karl Kemminger: Bestens bewährt hat sich, dass schon während der Entwicklung automatisierte Unittests zum Einsatz kommen. Deshalb ist der Code, den die Tester nach Abschluss der Entwicklung unter die Lupe nehmen, schon sehr stabil. Wir können uns dann also vor allem auf Tests von Funktionalität, Bedienbarkeit, Sicherheit und gegebenenfalls Performance konzentrieren.

Welche Tipps aus der Praxis haben Sie für Kollegen, die vor ähnlichen Aufgaben stehen?

Karl Kemminger: Ganz entscheidend ist die gute Einbindung der Experten aus den Fachbereichen, um die richtige Balance zwischen technischen und fachlichen Tests zu finden. Wir haben natürlich Testexperten für die systematischen Tests nach bewährten Standardmethoden auf Basis von Grenzwertanalyse, Entscheidungstabellen oder Äquivalenzklassen. Genauso wichtig sind natürlich die fachlichen Tests – und dafür brauchen wir zwingend die Kenner der Prozesse. Sie beurteilen, ob die fachlichen Vorgaben korrekt umgesetzt sind und ob vor allem auch die Usability stimmt.

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