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„Es gibt kaum eine Company,die so komplett aufgestellt ist wie wir“

BI-Spektrum sprach mit Stefanie Kemp, Chefin von Oracle Deutschland, und Björn Ständer, Director Business Development – Business Analytics, über die Pläne von Oracle in Sachen BI und Analytics. Offenbar hat der Datenbankspezialist sehr viel vor.

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Christoph Witte

Chefredakteur IT Spektrum und BI-Spektrum


  • 21.06.2021
  • Lesezeit: 11 Minuten
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BI-Spektrum: Welche Bedeutung haben die Themen Analytics und Business Intelligence für Oracle?

Kemp: Die ist außerordentlich groß, schon von unserer Historie her: Wir kommen von den Daten. Es ist logisch, dass wir beim Datenmanagement nicht stehen geblieben sind. Wir machen BI und Analytics schon lange und wollen unseren Kunden diese Möglichkeiten künftig auch in innovativeren Formen zur Verfügung stellen.
Ständer: Wir sehen uns nicht nur als Datenmanagement-, sondern in dieser digitalen Zeit vor allem als Datenveredelungsplattform. Deshalb ist es folgerichtig, dass wir Fähigkeiten hinzugenommen haben wie die Analyse von räumlichen Daten und Graphen-Netzwerken oder Machine Learning direkt in der Datenbank. Das ist essenziell für uns. Unser Motto spiegelt das ebenfalls wider: Menschen zu helfen, Daten neu zu sehen, Einsichten zu ermöglichen und endlose Möglichkeiten zu erschließen. Darauf richten wir auch unsere Investitionen aus.

BI-Spektrum: Sie machen also das, was die Mitbewerber auch machen, aber mit dem großen Vorteil einer eigenen Datenbank-Engine dahinter?

Ständer: Die Logik dahinter ist, die gesamte Datenwertschöpfungskette anzubieten – also Bereitstellung, Verwaltung, Speicherung, Veredelung und Analyse. Das sehen wir als großen Wettbewerbsvorteil.

BI-Spektrum: Mit Oracle brauchen Unternehmen also keine gesonderten Daten-Pipelines, Data Lakes oder Data Warehouses, sie können alles aus der Datenbank heraus erledigen?

Ständer: Ja. Früher mussten Kunden für Services wie Spatial and Graph oder Advanced Analytics zusätzlich bezahlen. Seit Dezember 2019 ist das in der Datenbanklizenz inkludiert. Der Kunde kann natürlich diese Services von anderen beziehen, aber er kann das alles von uns auch aus ei-ner Hand haben, sodass die Grundfunktionen wie Backup und Recovery mitabgedeckt sind.
Kemp: Aus Anwendersicht bedeutet das natürlich, dass sehr viel Aufwand eingespart werden kann. Wir versuchen diese komplexen Ansätze für den Anwender so einfach wie möglich zu machen, indem wir möglichst viel aus einer Hand anbieten.

BI-Spektrum: Mit dem „Alles aus einer Hand“ hat Oracle bereits eine längere Historie – im „Guten“ wie im „Bösen“. Sprich: auch immer das Streben, möglichst viel vom IT-Budget des Kunden zu bekommen. Die Beispiele der Appliances und die Anstrengungen in Bezug auf Oracle Fusion und Oracle Fusion Application weisen ja in die gleiche Richtung.

Kemp: Die starke Bindung zu unseren Kunden ist uns manchmal schlecht ausgelegt worden. Aber in der Cloud-Welt läuft das anders. Den kompletten Oracle-Stack gibt es auch in der Cloud, und da kann der Kunde frei entscheiden, wie stark er sich an Oracle bindet. Wie Herr Ständer eben schon sagte: Wir binden auch Daten- und Applikationsservices von anderen Anbietern mit ein.

BI-Spektrum: Wir erleben spannende Zeiten in der IT. Auf der einen Seite bauen die Hyperscaler wie AWS, Microsoft und mit Abstrichen Google über ihre Cloud-Services ihren Service-Stack immer weiter aus beziehungsweise machen ihn in der Cloud verfügbar. Auf der anderen Seite stehen die „Traditionsanbieter“, zu denen auch Oracle, SAP und IBM gehören. Wie stellt sich Oracle da auf?

Kemp: Es gibt kaum eine Company, die so komplett aufgestellt ist wie wir: Angefangen beim „Metal“ über Middleware und Datenbanken sowie Tools bis hin zu Applikationsservices. 98 Prozent des Kundenbedarfs kann ich komplett aus dem Oracle-Stack heraus bedienen. Dieser voll integrierte Stack ist der Sweetspot für Oracle.

BI-Spektrum: Jetzt mal weg vom großen Bild und wieder hin zum BI- und Analytics-Geschäft. Gartner hat Oracle im „Magic Quadrant for Analytics and Business Intelligence“ rechts unten bei den Visionären eingestuft – was fehlt Ihnen noch, um in den Leader-Quadranten vorzustoßen?

Ständer: Das muss man natürlich Gartner fragen. Aber wir sehen uns auch im Vergleich zum Wettbewerb, den Gartner ebenfalls analysiert, wirklich sehr gut aufgestellt. Gefreut haben wir uns über die sehr positive Einschätzung unserer Fähigkeiten im Bereich Augmented Analytics. Schöne bunte Dashboards helfen dem Kunden ja nicht wirklich dabei, aus den Analysen „actionable insights“, also aus Erkenntnissen auch Handlungen anzustoßen – aber die erweiterten Fähigkeiten, die wir im Bereich Augmented Analytics anbieten, eben schon. Da bin ich weit über den Wunsch nach Self-Service hinaus. Dafür benötigt man entsprechende Governance und Infrastruktur, die Sicherheit und Konsistenz vermitteln. Diese Fähigkeiten haben wir aufgebaut. So verfügen wir heute weiterhin über die Enterprise-Fähigkeiten und haben die Self-Service-Fähigkeiten ergänzt, die sich mit der Governance verbinden.

BI-Spektrum: Oracle hat verschiedene Analytics- und BI-Produkte teilweise unterschiedlichen Alters, teilweise unterschiedliche Delivery-Methoden, teilweise mit unterschiedlichen Funktionsumfängen. Führt das nicht zu Verwirrung bei den Kunden?

Ständer: Aus Oracle BI Enterprise Editon (OBIEE) ist Anfang letzten Jahres Oracle Analytics Server (OAS) geworden. Das ist das On-Prem-Produkt. Außerdem bieten wir die gleiche Code Base in Oracle Analytics Cloud als Cloud-Services an. Weil wir uns dem Paradigma Cloud First verschrieben haben, entwickeln wir das Cloud-Produkt kontinuierlich weiter und ziehen die Funktionalität des OAS in neuen Releases nach. So erlebte die Oracle Analytics Cloud (OAC) in einem Jahr vier Releases, und Oracle Analytics Server (OAS) ist mit dem Release 5.9 zurzeit auf dem Stand des Cloud-Produkts. Künftig werden wir für das Server-Produkt ein neues Release pro Jahr herausbringen.

BI-Spektrum: Und wie kommt ein Enterprise-BI-Kunde jetzt an die neue Funktionalität?

Ständer: Jeder OBIEE-Kunde hat das Recht, auf Oracle Analytics Server zu migrieren. Je nachdem wie komplex sie gearbeitet haben, müssen sie in der Regel nur das Repository migrieren.

BI-Spektrum: Eine Schwäche, die Ihnen von Gartner zugeschrieben wird, ist die, dass Oracle Analytics stark auf Oracle Applications fokussiert. Ich verstehe das so, dass Oracle zwar die Daten aus den eigenen Applikationen gut verarbeitet, aber die aus Drittapplikationen nicht so gut. Ist das so?

Ständer: Das ist nicht ganz richtig, weil wir inzwischen rund 45 Konnektoren zu Drittsystemen anbieten. So können wir alle wichtigen Datenhaltungssysteme anbinden. Natürlich haben wir auch das Ziel, unsere 400.000 Kunden mit Analytics erfolgreich zu machen. Weil fast alle Kunden in der ein oder anderen Form auch Datenbankkunden sind, macht es Sinn, die Stärken, die wir in diesem Bereich haben, auch weiter auszubauen. Das haben wir beispielsweise gemacht mit dem Fusion Analytics Warehouse. Das ist sozusagen ein Zwitterprodukt. Technologisch nutzt es die Analytics-Cloud, die Oracle Autonomous Database, und dadurch, dass wir das mit dem SaaS-Angebot verbinden, sind die Schemata und Berichte bereits vorhanden.

BI-Spektrum: Wie passt das BI-Engagement in die Fusion-Application- und die Fusion-Development-Strategie von Oracle?

Ständer: Generell kann man sagen, dass wir einen großen Technologie-Baukasten haben. Dazu gehören auch die Datenbank-, Analytics- und Data-Science-Cloud. Mit diesem Baukasten erweitern wir die verschiedenen SaaS-Applikationen. Das macht die Entwicklung neuer Services sehr viel effektiver. Gleichzeitig versetzt es uns aber auch in die Lage, die Kunden bei ihrer Cloud-Migration zu unterstützen, indem wir ihnen am Anfang das Management ihrer Infrastruktur und ihrer Daten abnehmen können. Der Kunde kann sich dann darauf konzentrieren, neue Services einzuführen, die ihn in seinem Geschäft voranbringen, zum Beispiel eben neue Formen der Analyse wie Graphenanalysen oder den Einsatz von Machine Learning. Die Cloud versetzt ihn in die Lage zu entscheiden, welche Services er einsetzt, ohne dass er seine Architektur verändern muss.

BI-Spektrum: Frau Kemp, Sie haben eben gesagt, Oracle kümmere sich praktisch um den gesamten Software-Stack des Kunden, und das sei ein großer Wettbewerbsvorteil. Wie lange können Sie diesem Anspruch noch gerecht werden, angesichts einer IT-Welt, die immer komplexer wird, immer mehr Unternehmensbereiche erfasst und gleichzeitig immer granularer wird? Werden Sie mit neuen Entwicklungen dann nicht automatisch immer langsamer?

Kemp: Im letzten Jahr hat Hasso Plattner [Mitbegründer von SAP, Anm. der Red.] Larry Ellison [Oracle-Gründer und Chairman, Anm. der Red.] attestiert, dass Oracle den in der Cloud benötigten integrativen Ansatz sehr viel besser, weil viel flexibler und modularer verfolgt. Aber natürlich wird das anspruchsvoller, je mehr man anbietet. Allerdings erweitern wir unsere technologische Kompetenz nicht nur durch Eigenentwicklung, sondern auch durch Zukäufe. Im Gegensatz zu einigen anderen Playern am Markt kann sich der Kunde bei uns jedoch darauf verlassen, dass wir diese Technologien integrieren. Dass wir das zuerst auf unserem Stack tun, kann uns nicht ernsthaft jemand vorwerfen.

BI-Spektrum: Seit die Cloud Mainstream geworden ist, verliert die klassische Enterprise-IT an Bedeutung. Und ein Anbieter, der stark auf Integration setzt, adressiert in erster Linie die IT-Abteilung und nicht die Fachabteilungen oder das oberste Business-Management. Sind Sie da nicht im Nachteil?

Kemp: Deshalb müssen wir uns auch transformieren.
Ständer: Noch ein anderer Aspekt. Für den Kunden sind bei Entscheidungen eigentlich drei Fragen wesentlich: Komplexität, Kosten und Risiko. Nur wenn ich als Anbieter eine oder alle drei Fragen positiv beantworten kann, also Komplexität, Kosten und Risiken für den Kunden reduzieren kann, trifft er die Entscheidung, ein neues Produkt oder einen neuen Service bei mir einzukaufen. Solange der Kunde sieht, dass wir gute Antworten auf diese Fragen haben, wird er weiter bei uns investieren. Aus unserer Sicht können wir das in der Cloud und On-Premise gut argumentieren.

BI-Spektrum: Wie entwickelt sich der Analytics-Markt in den kommenden Monaten weiter?

Kemp: Aus Oracle-Sicht ist das eine der wesentlichen Fragen. Ich denke, dass es nach wie vor einer der wichtigsten Trends ist, mehr aus den Unternehmensdaten zu machen.
Ständer: Aus Marktsicht hat in letzter Zeit bereits eine gewisse Konsolidierung stattgefunden. Salesforce hat Tableau gekauft, Google hat Looker gekauft, und es gab weitere Fusionen dieser Art im letzten Jahr. Die Player im Datenanalyse- und Veredelungsgeschäft haben sich funktional verstärkt. Alle haben offensichtlich das Ziel, Plattformen zu bauen. Ein weiterer Trend ist automatisiertes Machine Learning, AutoML. Die Systeme helfen Data Scientists dabei, die richtigen Kriterien zu finden, nach denen sie Daten für bestimmte Anwendungsfälle am sinnvollsten analysieren können. Der dritte Trend ist das Zusammenwachsen von BI, Analytics und ML – das wiederum stärkt die Plattformanbieter.

BI-Spektrum: Wird durch AutoML das ganze Thema AI nicht noch stärker zur Black Box?

Ständer: Ja, deshalb ist uns das Thema Explainability so wichtig. Das spielt vor allem dann eine Rolle, wenn Machine-Learning-Modelle operationalisiert werden, das heißt angewendet werden für Fragen wie Kredit- oder Versicherungskonditionen oder andere Routineentscheidungen. In den nächsten Releases unserer Produkte werden wir transparent machen, auf welchem Wege automatisierte Entscheidungen zustande gekommen sind. Das ist enorm wichtig für die Akzeptanz.

STEFANIE KEMP

STEFANIE KEMP arbeitet seit knapp einem Jahr als Country Leader bei Oracle. Davor war sie lange Jahre auf der Anwenderseite tätig – unter anderem leitete sie beim Energieversorger RWE/Innogy das CIO Group Office und machte sich dort für die Digitalisierung des Unternehmens stark. Bei Vorwerk fungierte sie sechs Jahre lang als Group CIO. Ehrenamtlich ist sie im Beirat des Digital Economy Advisory Board des Wirtschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen.

BJÖRN STÄNDER

BJÖRN STÄNDER ist seit 2008 Director Business Development – Business Analytics bei Oracle Deutschland. Er berät Kunden und Partner bei der Technologieauswahl für Innovationsprojekte in der Cloud. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist es, die Komplexität von Data-Warehouse-, Business-Intelligence- und Big-Data-Architekturen zu reduzieren und die Wertschöpfung durch den Einsatz innovativer Technologien zu erhöhen.

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Christoph Witte

Chefredakteur IT Spektrum und BI-Spektrum
Zu Inhalten

Christoph Witte ist Gründer der Wittcomm Agentur für IT, Publishing und Kommunikation. Darüber hinaus ist er Chefredakteur von IT Spektrum sowie BI-Spektrum und wirkt zudem bei dem Magazin JavaSPEKTRUM mit.


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