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Ideale Teams zusammenstellen

Die 2010 von Dr. Jörg Reinnarth gegründete Cintellic Consulting Group ist heute eine rund 60 Mitarbeiter starke, auf digitales Kundenmanagement und Marketing-Automation spezialisierte Unternehmensberatung. Im Interview erklärt Reinnarth, warum er in seinem wachstumsstarken Unternehmen auf neue Wege in der Personalentwicklung setzt. Eine stärkenorientierte Personalentwicklung soll Cintellic auch als attraktiven Arbeitgeber in der um Fachkräfte kämpfenden Consulting-Branche positionieren.
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Hartmut Rehmsen

Fachjournalist IT


  • 24.09.2019
  • Lesezeit: 7 Minuten
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Dr. Jörg Reinnarth, Geschäftsführer der Bonner Cintellic GmbH: "Wir setzen auf eine Personalentwicklung, bei der die Entfaltung persönlicher Stärken und Interessen oberste Priorität hat."

Herr Reinnarth, Sie versprechen den Bewerbern, dass Cintellic für alle Projekte „ideale Teams zusammenstellt“. Wie sehen ideale Teams aus? Was unterscheidet diese von „normalen Teams“, wie man Sie im Projektalltag findet?

Dr. Jörg Reinnarth: Normale Teams werden meistens aus den Personen zusammengestellt, die gerade „frei“ sind oder die Interesse an dem Projekt zeigen. Dieses Vorgehen kann vielleicht auf den ersten Blick wirtschaftliche Vorteile versprechen, doch vermutlich werden solche Teams nicht immer das beste Projektergebnis erzielen.
Wir achten deshalb darauf, dass unsere Teams aus Menschen bestehen, die den unterschiedlichen Aufgaben eines Projektteams gerecht werden. Dafür brauchen wir einerseits Menschen mit Erfahrung, die genau wissen, wie die Aufgaben gemeistert werden können. Und wir brauchen unbedingt Menschen, die gewissenhaft und sorgfältig alle Schritte durchführen, die für den Projekterfolg notwendig sind.
Wir bringen deshalb Menschen in das Team, die unterschiedliche Erfahrungshorizonte mitbringen; ganz nebenbei können sie ihr Wissen während der Arbeit an die Kollegen weitergeben. Andere Mitarbeiter, die noch nicht soviel Know-how mitbringen, übernehmen die Routinetätigkeiten. Sie schreiben die Protokolle, organisieren Konferenzräume und Besprechungstermine – lernen dazu und sammeln Erfahrung im Umgang mit kniffligen Aufgaben.

Ist das nicht gelebte Praxis in vielen Unternehmen?

Reinnarth: Klar, aber das ist bei uns auch nur der erste Schritt beim Team-Building. Wenn Projekte scheitern, dann ja meistens nicht an der eingesetzten Technologie, sondern wegen menschlicher Schwächen. Deshalb betrachten wir den Erfolgsfaktor „Mensch“ genauer.
Das machen wir schon seit der Firmengründung vor über neun Jahren. Dazu nutzen wir Persönlichkeitsanalysen – und seit gut vier Jahren auch das Tool „MDI-Insights“. Damit ermitteln wir eine Beschreibung der Persönlichkeitsprofile. Unsere Mitarbeiter füllen dazu Fragebögen aus, in denen rund 30 Fragen gestellt werden, z. B. nach typischen Verhaltensweisen oder Tätigkeiten, die gerne ausgeführt werden.
Wir setzen auf eine Personalentwicklung, bei der die Entfaltung persönlicher Stärken und Interessen oberste Priorität hat. Mitarbeiter, die ein gewisses Karrierelevel erreicht haben, erhalten über Insights auch Hinweise auf ungeahnte Talente, die ihnen vielleicht selbst noch nicht aufgefallen sind. Die Analyse macht außerdem sehr schnell klar, ob jemand eher als Technikexperte oder als Vertriebler geeignet ist – und wer Führungsqualitäten mitbringt. Daher ist die Akzeptanz sehr hoch; oft taucht die Frage auf, ob das Tool auch privat genutzt werden kann. Die Mitarbeiter fühlen sich wohler, weil sie sich auch im Berufsleben authentisch verhalten können.

Was macht ein perfektes Team aus?

Reinnarth: Das perfekte Team setzt sich aus vier „Farben“ zusammen. Die „Energiereichen“ (Rote) wollen das Projektziel möglichst schnell erreichen, verlieren dabei aber immer wieder ihre Kollegen aus den Augen. Die geduldigen „Teamplayer“ (Grüne) versuchen beständig, die Ideen und Meinungen aller unter einen Hut zu bringen, und sorgen für den nötigen Ausgleich. Die enthusiastischen Visionäre (Gelbe) bringen immer wieder Ideen und Vorschläge ein, von denen sie die anderen begeistern wollen. Damit drohen sie Chaos anzurichten, werden aber durch die sorgfältigen Perfektionisten (Blaue) ausgebremst, die sehr akribisch arbeiten und die Ideen mit aller Konsequenz in die Praxis umsetzen wollen.
Jeder dieser Typen bringt mit seinen charakteristischen Eigenschaften Stärken mit, die manchmal auch als Schwäche ausgelegt werden. In IT-Projekten finden wir oft die Ergebnisorientierten, die schnell ungeduldig werden – und das vor allem dann, wenn die Perfektionisten zum Feinschliff ansetzen. Den Visionären fehlt oft das Durchhaltevermögen, aber auch die Durchsetzungskraft, ihre Ideen auch umzusetzen. Oder die Perfektionisten: Sie arbeiten zwar akribisch, haben aber bei Umsetzungsproblemen oft keine Ideen für Alternativvorschläge. Wenn sich das Team aus allen vier „Farben“ zusammensetzt, dürfen die Teammitglieder ihre Stärken ausspielen, weil ihre Schwächen kompensiert werden können.
Jedes Teammitglied bringt normalerweise ein bis zwei Farben mit. Das klingt auf dem Papier einfach: Wir bringen Menschen mit komplementären Eigenschaften zusammen – und die ergänzen sich zum Team. In der Praxis sieht das aber so aus, dass der Visionär vom Perfektionisten gerne als „Spring-ins-Feld“ tituliert wird, weil er nichts zu Ende bringt, während der Perfektionist im Team oft als „Blockierer“ gilt, weil er jeden neuen Vorschlag zunächst gründlich durchdenken will. Deshalb achten wir nicht nur darauf, dass die Teams komplementär zusammengesetzt sind, sondern auch darauf, dass die gegenseitige Wertschätzung der Teammitglieder gegeben ist.

Wie sorgen Sie denn dafür, dass nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch die „Chemie“ im Team, also das Zwischenmenschliche, stimmt?

Reinnarth: Menschen, die komplementär sind, mögen sich ja meistens nicht unbedingt. Deshalb fördern wir ganz gezielt die Wertschätzung der jeweiligen Andersartigkeit im Team, damit die Zusammenarbeit möglichst reibungslos klappt; nur dann wird die Projektarbeit von Erfolg gekrönt sein. Das heißt: Projektteam und Projektplan werden nicht nur auf dem Reißbrett minutiös geplant, sondern es gilt auch, in den Projektbesprechungen die zentralen Fäden zusammenzuführen und die Gespräche mit Geschick zu steuern.

Das Ideal steht für Vollkommenheit – und die gibt es unter uns fehlbaren Menschen nicht. Warum ist es erstrebenswert, zu Projektbeginn ein „ideales Team“ zusammenzustellen? Kann man sich diesen Aufwand nicht sparen, wenn man weiß, dass sich dieses Idealbild wegen geänderter Kundenanforderungen, technischer Innovation oder Fluktuation im Projektverlauf permanent ändern wird?

Reinnarth: Klar, man kann die Unvollkommenheit des Teams durch geschicktes Projektmanagement und gute Kommunikation kompensieren. Gerade die Kommunikation ist für den Projekterfolg mitentscheidend.
Der Punkt ist nur: Die Unvollkommenheit des Einzelnen tritt ja bei der Projektarbeit immer wieder einmal zutage. Wir sehen diese Unvollkommenheit aber nicht als Schwäche an, sondern als wesentliches Element eines „Puzzleteils“, das genau in das Gesamtbild des Projektteams passt. Der andere bringt also Fähigkeiten und Eigenschaften in das Team ein, die ich nicht habe, die aber zwingend für den Projekterfolg notwendig sind. In der Praxis sehen wir oft Teams, in denen entweder nur Perfektionisten oder nur Visionäre zusammenarbeiten. Das liegt auch nahe, weil sich gleichgeartete Typen auf Anhieb gut verstehen. Wer akribisch ist, arbeitet natürlich lieber mit anderen Perfektionisten zusammen. Dann fehlen aber die Visionäre, die bei schwierigen Projektsituation gute Ideen einbringen.
Deswegen brauchen wir im Team alle Puzzleteile, um unsere Ziele zu erreichen. Es darf nur nicht passieren, dass die unterschiedlichen Charaktere gegeneinander arbeiten und den Projektfortschritt bremsen. Wir führen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deshalb dahin, dass sie in den charakteristischen Eigenschaften eines Kollegen keine Schwäche sehen, sondern eine Fähigkeit, die ihnen fehlt, die aber für den Projekterfolg wichtig ist.

Es klingt natürlich toll, wenn Sie versprechen die Mitarbeiter immer dort einzusetzen, wo sie ihre Stärken haben. Wie gehen Sie denn damit um, wenn der Tekkie im Urlaub ist oder der Projektmanager krank wird?

Reinnarth: Das klingt problematisch, zumal wir als mittelständisches Unternehmen auch nur begrenzte Personalressourcen haben. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Die meisten Menschen gehören mindestens zwei Typklassen an. Das heißt: Wir können neue Projektteams auch mit nur zwei Mitarbeitern aufsetzen und trotzdem unserer Philosophie treu bleiben. Außerdem arbeiten bei den meisten Projekten ja auch Mitarbeiter des Kunden mit; die füllen zwar nicht unsere Fragebögen aus, doch wir können die Typen mittlerweile auch so sehr gut einschätzen.
Fällt ein Mitarbeiter aus, prüfen wir zunächst, ob wir seinen Typ in der aktuellen Projektphase überhaupt brauchen. Sind wir schon beim Roll-out, brauchen wir z. B. keine Visionäre mehr. Dann müssen wir diesen Typ auch nicht eins zu eins ersetzen. Es kann aber auch Sinn machen, dass wir in dieser Phase einen anderen Typ einwechseln, beispielsweise beim Roll-out einen kommunikativen Menschen. Darauf achten wir sehr genau – und natürlich auch darauf, dass die Arbeit auf ausreichend viele Schultern verteilt wird.

Herr Reinnarth, vielen Dank für das Interview!

Das Interview wurde geführt von Hartmut Rehmsen

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Hartmut Rehmsen

Fachjournalist IT
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Hartmut Rehmsen hat sich als Fachjournalist auf den IT-Einsatz in Unternehmen spezialisiert.


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