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Interview mit Veronika Jungwirth und Ralph Miarka

Im Rahmen der OOP 2024 in München traf Thomas Ronzon für JavaSPEKTRUM die beiden Coaches und Buchautoren Veronika Jungwirth und Dr. Ralph Miarka. In diesem Interview erzählen die beiden, was lösungsfokussiertes Coaching ist, und geben ein paar Tipps und Einblicke, wie Konflikte im Projektgeschäft gelöst werden können.
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Thomas Ronzon

Projektleiter und Senior Softwareentwickler


  • 24.05.2024
  • Lesezeit: 17 Minuten
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Thoma Ronzon (TR): Hallo ihr zwei, vielleicht stellt ihr euch erst mal vor.

Ralph Miarka: Ja, sehr gerne. Ich bin Ralph Miarka.

Veronika Jungwirth: Und ich bin Veronika Jungwirth. Seit 2012 arbeiten wir zusammen im Bereich lösungsfokussiertes und agiles Arbeiten und versuchen, diese beiden Bereiche miteinander so zu verbinden und zu kombinieren, dass sie einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen.

Ralph: Mein Hintergrund ist, dass ich aus der IT komme, im Projektmanagement tätig war und selbst in agilen Projekten gearbeitet habe.

Veronika: Ich komme ursprünglich aus der Pädagogik, habe später Vertrieb und Führung gelernt und agiles Arbeiten 2012 durch Ralph kennengelernt. Wir sind verheiratet, leben als kleine Patchworkfamilie gemeinsam in Wien und haben dort 2015 unsere gemeinsame Firma sinnvollFÜHREN gegründet.

Ralph: Und wir haben beide sehr coole und ausführliche Coachingausbildungen genossen. Heute bilden wir auch selbst lösungsfokussierte Coaches und Führungspersonen aus.

TR: Ihr habt gerade schon über lösungsfokussiertes Coachen gesprochen. Was heißt denn das überhaupt?

Ralph: Lösungsfokussiertes Arbeiten, Coachen, Therapie – alle diese Richtungen gehören irgendwie zusammen. Lösungsfokus zeichnet sich dadurch aus, dass man nach vorne schaut, dass man sich an den Stärken orientiert, dass man die Problemanalyse sehr kurz fasst und lieber nach dem Stattdessen Ausschau hält – „Was möchten wir erreichen, wo soll es hingehen?“ – und somit eine sehr starke Zielanalyse durchführt.

Veronika: Lösung in Lösungsfokus steht für das Ziel, für den Zielzustand, den man erreichen möchte, und nicht für den ausgearbeiteten Weg dorthin. Das Wort ist manchmal irreführend.

Abb. 3: Haltung und Prinzipien des Lösungsfokus

››Was möchten wir erreichen, wo soll es hingehen?‹‹

TR: Also, euer Thema ist nun eher ein Soft-Skills-Thema. Als Techniker fragt man sich immer, ist das Ganze überhaupt wissenschaftlich belegt oder habt ihr euch das ausgedacht?

Veronika: Danke für die Frage, Thomas. Das ist alles wissenschaftlich belegt – und das ist uns auch besonders wichtig. Das, was wir mit unserer Arbeit machen, ist, dass wir Erkenntnisse aus der Gehirnforschung, aus dem lösungsfokussierten Ansatz nach Steve de Shazer und Insoo Kim Berg, aus der positiven Psychologie, aus der Sinnlehre nach Viktor Frankl usw. zusammenfassen und die Erkenntnisse, die sich daraus ergeben, für die Arbeit mit Teams und in Teams nutzbar machen. Das ist das, was wir tun.

TR: Also, ihr schaut euch interdisziplinär um, um daraus Taktiken zu entwickeln, die ihr dann mit euren Klienten beziehungsweise mit euren Kunden durchgehen könnt?

Veronika: Ganz genau. Und wenn du dir unser Buch „Agile Teams lösungsfokussiert coachen“ anschaust, dann wirst du ganz am Ende zehn Seiten an Literaturempfehlungen und Hinweise zu verschiedenen Studien finden, aus denen wir unser Wissen und unsere Erkenntnisse gewonnen haben. Da kann man sich dann noch weiter vertiefen, wenn man möchte.

TR: Vielleicht mal ein Beispiel: Ich komme zu einem neuen Kunden und ich weiß gar nichts über ihn. Das ist eine Situation, die man als Berater eigentlich immer hat. Habt ihr dafür irgendetwas parat?

Veronika: Zeige große Neugierde für die jeweilige Person und für ihre Arbeit.

Ralph: Wertschätze, was du siehst, und erkenne, was die Leute gut machen. Das öffnet die Herzen, die der Mitarbeitenden genau wie die der Führungspersonen und so weiter. Wenn dir auch die kleinen Dinge auffallen, die sie besonders machen, das bringt die Leute für gewöhnlich zum Strahlen. Oft werden diese Dinge als selbstverständlich gesehen – und gleichzeitig finden die es toll, wenn es dir auffällt. Da erkennen sie dein echtes Interesse an ihnen – und dann interessieren sie sich auch für dich.

Veronika: Es fördert den Status der Belegschaft, sozusagen. Wenn du dann noch fragst, was aus deren Sicht hier gut läuft und was auf gar keinen Fall verändert werden soll, damit es weiterhin gut läuft, das fördert dann zusätzlich ihre Gewissheit, dass sie mitreden dürfen und dass hier nicht alles über ihre Köpfe hinweg umgedreht wird von einem Experten, der von außen kommt und keine Ahnung von den internen Abläufen und Strukturen hat.

TR: Du hattest vorhin von Status geredet. Könntest du das ein bisschen genauer ausführen? Ich meine, das sind ja nicht unbedingt die Mitarbeiter in der Führungsriege, sondern durchaus einfache Mitarbeiter.

Ralph: Status bedeutet, wie ich von anderen wahrgenommen werde. Und wie ich von jemandem im Rahmen der Kollegenschaft und dergleichen wahrgenommen werde. Wir alle haben ein gewisses Statusbedürfnis. Da kommt es gar nicht auf Hierarchie an, sondern auf persönliche Wichtigkeit und Bedeutung. Wir alle streben nach Anerkennung und wollen Wertschätzung. Und diese Grundeigenschaft von uns Menschen, die nutzt du im Prinzip, um zu sagen, ich sehe dich, ich nehme dich wahr – nämlich jeden Einzelnen.

Veronika: Wir übersetzen Status auch gerne mit Selbstwert. Das ist übrigens einer der fünf SCARF-Werte. Das SCARF-Modell kommt aus der Gehirnforschung und wurde von David Rock und seinen Kollegen entwickelt.

Abb.2: Die fünf SCARF-Werte

Es sagt im Wesentlichen aus, dass unser Stammhirn in Reaktionsgeschwindigkeit entscheidet, ob wir in einem Moment kooperieren oder in Widerstand gehen. Wenn zum Beispiel unser Status gehoben wird, indem wir ein ehrliches Lob bekommen oder um unsere Expertenmeinung gefragt werden, gehen wir danach automatisch in Kooperation. Wird der Status jedoch angegriffen, indem uns zum Beispiel jemand vor versammelter Mannschaft kritisiert, gehen wir automatisch in Widerstand. Die anderen vier Dinge, die wir brauchen, um kooperativ zu sein, sind nach David Rock Certainty, also Gewissheit, Autonomie, also die Möglichkeit zur Selbst- und Mitbestimmung, dann Relatedness, also Zugehörigkeit und Verbundenheit, und schließlich ist uns auch noch Fairness wichtig, also Chancengleichheit.

TR: Wow, spannend. Ich hab da noch ein anderes Beispiel: Ich arbeite mit der Fachabteilung eines Kunden gut zusammen und habe mit denen ein gutes Verhältnis. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, schießt der IT-Leiter dagegen, einfach oder allein aus dem Grund, weil er nicht versteht, was wir machen. Was mach ich nun?

Ralph: Lösungsorientiert schauen wir zuerst mal, wie die Zusammenarbeit an der Stelle aussehen soll. Wie hättet ihr es denn gerne? Dann fragen wir, wo die Kommunikation schon mal besser funktioniert hat. Wann gab es früher schon mal kleine positive Ausnahmen, die wir jetzt auch wieder nutzen können? Was wünscht sich dieser IT-Leiter von dir als Person, um hier wieder gut integriert und abgeholt zu sein?

TR: Gut, da habe ich jetzt ja als Externer erst mal schlechte Karten. Wie könnte ich denn jetzt damit umgehen?

Veronika: Hmmm – ich denke, du könntest und solltest auch als Externer den IT-Chef in einem 4-Augen-Gespräch danach fragen.

Ralph: Ja – indem du dich für ihn interessierst und indem du herausfindest, was seine Bedürfnisse sind, im Sinne einer guten Zusammenarbeit, kann oft eine Brücke entstehen. Frage zum Beispiel auch danach, welche Risiken er möglicherweise sieht, vor denen er warnen möchte mit seinem Verhalten. Wir gehen davon aus, dass es nur eine ungünstige Form ist, seine Bedürfnisse auszudrücken, die er mit seinem Querschießen an den Tag legt. Durch dein Interesse hilfst du ihm, sich gut verständlich machen zu können.

Veronika: Die Grundhaltung ist, dass jeder in jedem Moment das Beste gibt, das ihm möglich ist. Das heißt, wenn hier Widerstand auftaucht, dann gilt es, die Frage zu stellen, was möchte diese Person mit dem Widerstand gerne erreichen?

TR: Das ist ja gut und schön, aber ich komme erst mal nicht an diese Person ran. Ist das dann so, dass ich mir die Fragen für mich stellen sollte, um darauf mein Handeln auszurichten?

Ralph: Na, wenn du gar nicht an die Person rankommst, frage ich mich jetzt, wo dein Problem liegt. Was möchtest du eigentlich erreichen?

TR: Eine gute Zusammenarbeit haben.

Veronika: Gut. Also wird vermutlich an irgendeiner Stelle Kommunikation mit diesem IT-Leiter notwendig sein?

TR: Korrekt. Nur diese Kommunikation beschränkt sich auf ein einseitiges Kritikgespräch.

Ralph: Dass du dich da erst mal angegriffen fühlst, ist sehr verständlich. Du könntest dich dann – wenn du etwas abgekühlt bist – auch dafür entscheiden, darauf mit ehrlicher Neugierde zu reagieren. Also, da würden wir dich jetzt zum Beispiel unterstützen, dass du dieses Gespräch gut vorbereitest, dass du dich gut für ihn interessieren kannst, sodass er bessere Chancen hat, mit dir zu kooperieren.

TR: Habt ihr da bestimmte Techniken?

Ralph: Eine der Techniken ist zum Beispiel, dass wir viele Aussagen wie „nicht“ und „kein“, wie „Du sollst nicht“ und „Das brauchen wir nicht“ und so weiter, umwandeln in „Was hättest du gern?“, „Wie soll es denn sein?“, „Was soll stattdessen sein?“ Also das Gespräch durch Fragen von Kritik an der unerwünschten Vergangenheit hin zur Beschreibung der erwünschten Zukunft lenken. Damit kann man dann arbeiten. Die Vergangenheit können wir ja nicht mehr verändern.

Veronika: Und damit es zu diesem Gespräch überhaupt kommen kann, braucht es wahrscheinlich ganz klare Transparenz von deiner Seite: „Wenn das hier zu einem guten Ergebnis führen soll, dann brauche ich dich, lieber IT-Leiter, für eine gute Zusammenarbeit. Denn nur so kann ich lernen, was dir wichtig ist. Nur so kann ich dann darauf auch Rücksicht nehmen und dafür sorgen, dass das Ergebnis, das wir hier erzielen, auch in deinem und in aller Sinne ist. Und deswegen wünsche ich mir ein Gespräch mit dir, damit ich lernen kann, was dir wichtig ist.“

››Das Gespräch hin zur Beschreibung der erwünschten Zukunft lenken‹‹

TR: Das Interview ist natürlich viel zu kurz, um diese ganzen Facetten abzudecken. Ihr habt auch schon euer Buch erwähnt, in dem ihr darüber geschrieben habt, „Agile Teams lösungsfokussiertes coachen“. Was hat das alles eigentlich mit „agil“ zu tun?

Ralph: Was wir besprochen haben, zahlt ja ganz stark auf die Zusammenarbeit mit Kunden ein. Das ist unter anderem ein Teil der agilen Wertepaare aus dem Agilen Manifest. Und darin steht zum Beispiel, dass Zusammenarbeit mit Kunden uns wichtiger ist als Vertragsverhandlungen.

Abb.4: Agile Wertepaare

Veronika: Es bringt ja auch gar nichts, wenn du wunderbar ausformulierte Verträge hast, aber der Kunde nicht bereit ist, mit dir zusammenzuarbeiten. Das heißt, ich muss immer zuerst darauf achten, was braucht der Kunde, was ist dem gerade wichtig, was hat der für Bedürfnisse, damit wir überhaupt in der Lage sind, Aufträge erfüllen zu können.

Ralph: Und Kunden sind Individuen. Die Interaktion mit ihnen ist uns halt wichtiger als das Befolgen von Prozessen. Es geht hier immer wieder um die Zusammenarbeit, immer wieder um das Verständnis für den Einzelnen und darum, daraus nächste Schritte abzuleiten.

Veronika: Und damit sprichst du das erste agile Wertepaar an. Es geht immer um Individuen und Aktionen. Das zweite agile Wertepaar, das bedienen wir jetzt nicht unbedingt. Um funktionierende Software kümmern sich eventuell eher die Leserinnen und Leser dieses Artikels. Beim vierten agilen Wertepaar, das Reagieren auf Veränderungen ist wichtiger als das Befolgen eines Plans, da sind wir dann schon wieder dabei. Denn du kannst noch so einen wunderschönen Plan haben, manchmal kommen Dinge anders, als du sie gedacht hast. Und dann geht es eben auf der einen Seite sachlich darum, wie gehe ich jetzt mit den geänderten Rahmenbedingungen um. Und andererseits geht es auch darum, wie gehe ich menschlich damit um, dass jetzt etwas anders ist, als ich es geplant hatte.

Ralph: Und in deinen Beispielen, Thomas, mit deinen Kunden, da hat es ja viele Veränderungen gegeben. Und dort zu verstehen, wozu sie jetzt diese Änderungen möchten, was dahintersteht, was die Bedürfnisse sind, das hilft, um darauf reagieren zu können. Das bedingt aber wieder die Zusammenarbeit und das Eingehen auf die Einzelnen. Insofern betrifft unsere Arbeit die agilen Wertepaare alle zusammen – und fördert somit das agile Vorgehen an sich.

Das Buch gibt es mittlerweile in der vierten Auflage. Vierte Auflage ist ja schon eine lange Reise, irgendwie zehn Jahre, zwölf Jahre mit dem Buch. Inwieweit hat sich das Buch bzw. ihr bzw. die Welt da geändert, dass also quasi diese vierte Auflage nicht nur einfach eine neu gedruckte erste Auflage ist?

Veronika: Ja, es sind inzwischen schon neun Jahre vergangen seit der Neuerscheinung. Und im nächsten Jahr soll die fünfte Auflage rauskommen. Wir haben durch Feedback unserer Leserinnen und Leser, unserer Kundinnen und Kunden viel gelernt. Wir haben auf dem Weg neue Tools entwickelt, die wir ergänzt haben. Manche Tools, die uns wichtig sind, haben wir zu Beginn auch einfach vergessen – und sie später aufgenommen. Manche unserer Ansichten, auch jene der agilen Community, haben sich teils wesentlich geändert, weil wir in all den Jahren auch alle dazugelernt haben. Einige dieser Änderungen haben wir ebenfalls in die verschiedenen Auflagen mit aufgenommen. Zum Beispiel war es 2014 noch recht verpönt, im Zusammenhang mit agilen Teams über Führung zu schreiben. Damals dachte man noch, dass Führung dort nicht gebraucht wird, oder sogar hinderlich ist. Das hat sich gravierend geändert. Es ist nur eine andere Art der Führung, die heute gebraucht wird. Auch der Begriff der Selbstorganisation wird heute nicht mehr so verwendet. Stattdessen wird oft von Selbstverantwortung oder Selbstmanagement der Teams gesprochen.

Die vierte Auflage haben wir dann endlich behutsam gegendert. Und zwar in einer Art und Weise, die noch gut lesbar ist, so hoffen wir. Jedenfalls haben wir bisher noch keine negativen Rückmeldungen dazu bekommen, darauf sind wir stolz. Und das Gendern war, als das Buch 2015 erstmals rausgekommen ist, noch viel weniger Leuten wichtig als heute. Auch da hat sich viel getan.

Ralph: Na ja – und es haben sich auch gerade in den letzten paar Jahren viele Dinge in rasender Geschwindigkeit entwickelt. Durch die Pandemie sind viele Leute immer mehr ins Homeoffice gegangen – manche Teams haben sich noch nie live gesehen. Videocalls sind heute ganz normal. Und es gibt kaum Pausen zwischen den Meetings – die Kalender sind oft voll durchgetaktet. Viele schaukeln nebenher auch noch das Familienleben und den Haushalt. Das macht natürlich was mit den Leuten. Früher hast du einfach gemerkt, wie es den Kollegen am Nachbartisch geht, womit sie sich beschäftigen. Du hast gemerkt, wenn sie Sorgen hatten, oder mit ihnen spontan eine Idee besprechen können. Die Kommunikation war einfacher, spontaner. Und Meetings waren viel interaktiver.

Heute haben die Leute oft sogar die Kamera aus und du siehst nicht mehr, ob sie überhaupt da sind. Die Teammitglieder können auf der ganzen Welt verstreut sein, was auch toll ist – nur haben die großen kulturellen Unterschiede, die verschiedenen Zeitzonen und der Umstand, dass Kommunikation nur noch geplant und auf Distanz stattfinden kann, natürlich auch Nachteile. Diese Herausforderungen sind neu und wir versuchen, sie in der fünften Auflage wenigstens ein wenig aufzugreifen. Da werden wir dann ergänzen, wie man vieles, von dem, was wir beschreiben, auch remote hinbekommen kann. Allerdings müssen wir das zum Teil selbst noch lernen. Es ist eine spannende Reise, die auch wieder ins Buch einfließen wird.

TR: Ihr sagt, ihr coacht Leute. Was ist denn genau eure Ziel- gruppe? Sehe ich das richtig, diese Themen, die ihr angesprochen habt, die sind jetzt nicht unbedingt nur für Coaches interessant, sondern im Grunde genommen für jeden, nicht nur in der IT, sondern für jeden, der mit anderen Menschen umgeht, oder?

Veronika: Ganz genau. Wir vermitteln in diesem Buch Coaching-Tools für alle, die in irgendeiner Form mit Menschen zu tun haben – die in irgendeiner Art in Führung gehen. Und Führung übernehmen kann heute jeder im Team. Sei es, jemand übernimmt die Führung in einem bestimmten Fachgebiet, weil sich die Person da am besten auskennt. Jemand ist vielleicht Teamlead, Abteilungsleiter oder einfach nur jemand, der gerade vorangeht, weil er das größte Engagement und die größte Begeisterung hat – oder auch nur ein Meeting moderiert. Egal, jeder, der immer mit Menschen zu tun hat und ein Stück des Weges in Führung geht, kann von diesem Buch profitieren.

Abb.1: Coaching

TR: Jetzt sind wir ja mit JavaSPEKTRUM eigentlich ein Technikmagazin. Und deswegen noch eine letzte Frage an euch beide. Gibt es noch irgendwas, was ihr einem Java-Entwickler mitgeben wollt?

Ralph: Ich glaube, das gilt für dich als Java-Entwickler, wie für jeden anderen: Interessiere dich für dein Umfeld, interessiere dich für das, was die Menschen brauchen. Gerade, wenn du Software entwickelst, baust du normalerweise eine Lösung für jemand anderen. Und dabei ist es wahrscheinlich wichtig zu verstehen, was diese Person mit der Software erreichen oder machen möchte, was hinterher für sie anders sein soll. Sich diese Frage zu beantworten, um das große Ganze besser zu erkennen, ist wahrscheinlich hilfreich. Und super ist es, wenn du weißt, dass niemand aktiv gegen dich arbeiten will, wenn mal was schief geht, sondern dass jeder das Beste gibt, was er kann.

Veronika: Sich dann auch in anstrengenden und nervigen Momenten daran zu erinnern und auf die Leute positiv zuzugehen, ist vielleicht auch ein wichtiger Aspekt. Das Zweite, was wir vielleicht noch mitgeben wollen und können, ist, selbst wenn du in deiner Domäne eine großartige Expertise hast, gibt es doch auch immer wieder Momente, in denen es ratsam ist, auf andere zu hören. In denen man erst einmal neugierig sein sollte, wenn jemand eine andere Meinung hat, wenn jemand einen anderen Weg gehen würde. Und das nicht abzutun, als „der oder die ist unerfahren“, sondern sich tatsächlich dafür zu interessieren, vielleicht gemeinsam den besten dritten Weg zu finden und die anderen im Team mitzunehmen. Weil das Ergebnis der Softwareentwicklung in den allermeisten Fällen besser ist, wenn man als Team – und, wo möglich, mit dem Kunden – zusammenarbeitet.

››Interessiere dich für dein Umfeld‹‹

TR: Ja, ich glaube, das kann man jetzt so stehen lassen. Also insofern danke euch beiden und viel Erfolg. Und ich hoffe, dass ich das Interesse an dem Buch auch für Entwickler geweckt habe.

Veronika: Danke schön, Thomas. Das würde uns natürlich freuen.

Ralph: Vielen Dank.

Veronika Jungwirth, MC, arbeitet seit 2006 als Führungskräfte- und Teamcoach, Organisationsentwicklerin, Lehrcoach und Trainerin für lösungsfokussierte Kooperation, Kommunikation und Coaching im agilen Kontext. Sie bringt Berufserfahrung in den Bereichen Bildung, Vertrieb und Führung mit und ist immer wieder auf Konferenzen und Meetups als Vortragende oder Mit-Organisatorin anzutreffen. Dr. Ralph Miarka, MSc, ist seit 2010 als Agile Coach tätig. Zuvor war er verantwortlich für den agileSEM bei Siemens PSE und Leiter des Support Centers für Projektmanagement. Seine agile Erfahrung sammelt Ralph bereits seit 2005, seit 2012 ist er ausgebildeter Business Coach (MSc in Coaching). Er unterstützte mehrere Unternehmen bei ihrer agilen Evolution, unter anderem Siemens, Nokia, Gigaset, Bison AG Schweiz und AGFA Healthcare.

Das Interview führte Thomas Ronzon, E-Mail: ronzon@w3logistics.de

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Thomas Ronzon

Projektleiter und Senior Softwareentwickler
Zu Inhalten

Thomas Ronzon arbeitet als Projektleiter und Senior Softwareentwickler bei der w3logistics AG in Dortmund. Dabei beschäftigt er sich vor allem mit der Modernisierung von unternehmenskritischen Logistikanwendungen. Darüber hinaus veröffentlicht Thomas Ronzon regelmäßig Fachartikel.


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