Cloud-Computing

Jenseits der Cloud: Die nächste Stufe der digitalen Transformation

Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der digitale Kunden ihre Einkaufserlebnisse komplett personalisiert und nahtlos gestalten, indem sie virtuelle Anproben nutzen und Echtzeit-Bewertungen erhalten. Eine Zukunft, in der der digitale Arbeitsplatz mit kollaborativen Tools und immersiven Kommunikationsplattformen bestückt ist, die den Arbeitsalltag grundsätzlich transformieren. Eine Zukunft, in der digitale Produktionen auf Basis von digitalen Zwillingen stattfnden, die den Entwicklungs- und Herstellungsprozess optimieren und über kosteneffiziente Simulationen zu effizienterem Ressourceneinsatz führen.

Harun Karimpur

Offering Lead Strategy & Innovation Consulting

10.01.2024
Lesezeit: 7 Minuten
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Willkommen in der Welt der Technologiekonvergenz, in der all diese Szenarien keine reine Wunschvorstellung mehr sind, sondern tatsächliche Möglichkeiten darstellen. Das „Metaverse“ ist also kein greifbares Produkt oder eine spezifsche Technologie, es ist vielmehr ein Konzept und ein ideales Zukunftsszenario einer vernetzten digitalen Realität, die durch die Verschmelzung mehrerer Schlüsseltechnologien – darunter Extended Reality (XR), Künstliche Intelligenz (KI), Cloudund Edge-Computing, Blockchain sowie fortschrittliche Netzwerktechnologien wie 5G (6G) – entsteht.

Die Basis dieses Zukunftsszenarios bildet eine solide Cloud-Infrastruktur, die gemeinsam mit zunehmend essenziellen Edge-Computing-Fähigkeiten einen zentralen Baustein bildet. Die so verringerte Latenz ist unerlässlich für Echtzeitanwendungen im Metaverse.

Wesentliche Entwicklungen und strategische Imperative

Das B2C-Geschäft erfährt eine stetige Entwicklung von Omnichannel zu Omnireality. Die Omnireality-Vision zeichnet sich durch die Verschmelzung physischer und digitaler Inhalte aus, was das Kundenerlebnis auf eine neue Stufe hebt. Hierfür brauchen wir nicht auf Augmented-Reality-Brillen zu warten. Ein Beispiel dafür ist die kürzlich von Zalando eingeführte Körpermessfunktion [Zal23], mit der die Kundschaft individuelle Größenempfehlungen basierend auf ihren eigenen Körpermaßen erhalten kann. Durch das Aufnehmen von zwei Bildern ihrer selbst mit Hilfe des Mobiltelefons und integrierter Augmented-Reality-Funktion zur Einhaltung der korrekten Pose lassen sich unter Nutzung von Machine Learning die Körpermaße vorhersagen, um ihnen so zu helfen, die richtige Größe für ihre Modeeinkäufe zu fnden. Diese Funktion ist ein erster Schritt in Richtung eines personalisierten virtuellen Avatar-Anprobiererlebnisses und bildet ein Beispiel für die Möglichkeiten der Omnireality.

Abb. 1: Anprobe in Omnireality

Eine Omnireality-Strategie muss unter anderem zum Ziel haben, die Grenzen der Interoperabilität im Kontext der Verschmelzung von physischen und digitalen Touchpoints zu identifzieren, die Customer Journey im Rahmen eines holistischen Ansatzes neu zu denken und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf diesen Technologien basieren.

Gen AI unterstützt Augmented Productivity

New Work und das Arbeiten von morgen werden vor allem durch den Aufstieg der generativen KI neu defniert – eine Entwicklung, die sich als „Augmented Productivity“ bezeichnen lässt. Bestehende Modelle für hybrides und agiles Arbeiten werden durch Hyperautomation weiter verbessert. Dies eröffnet Möglichkeiten für eine intelligentere Arbeitsverteilung und eine effizientere Aufgabenerfüllung. Aktuelle Partnerschaften wie das Light-House-Programm von ServiceNow, NVIDIA und Accenture zeigen das Potenzial, wie Unternehmen die Entwicklung und Anwendung von generativer KI vorantreiben können. Die Idee des Programms ist, Automatisierungsplattform, Supercomputing-Fähigkeiten sowie Beratungs- und Implementierungskompetenzen zu vereinen. Dadurch wird es der Kundschaft ermöglicht, als Partner bei der Entwicklung maßgeschneiderter generativer KI-Modelle und Anwendungen zusammenzuarbeiten, um ihre Geschäftsprozesse zu verbessern. Diese Technologien können dazu beitragen, aufwendige manuelle Arbeiten für Mitarbeitende im Kundenservice zu reduzieren, Selbstbedienungsoptionen zu fördern und so die Mitarbeitenden zu stärken und gleichzeitig nutzerfreundliche Erfahrungen mit natürlicher menschlicher Sprache zu liefern. Darüber hinaus können sie Inhalte automatisch generieren, um beispielsweise intelligente Suchergebnisse, Arbeitsnotizen und Wissensdatenbankartikel zu erstellen und damit die Produktivität im Bereich der Entwicklung durch intelligente Code-Empfehlungen zu steigern.

Nachfrage nach digitalen Skills steigt

Ein großer Wandel fndet gleichzeitig im Bereich der Talente statt: Es wird vermehrt auf digitale Skill-Sets geachtet. Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung nutzerfreundlicher Lösungen sind Mitarbeitende zunehmend in der Lage, selbst technische Lösungen zu konzipieren oder gar zu entwickeln und so zu Treibern der Innovation zu werden. Dies wird durch die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Daten unterstützt, die Entscheidungsprozessen zuarbeiten und Prozesse optimieren. Eine Augmented-Productivity-Strategie muss unter anderem zum Ziel haben, einen kulturellen Wandel und lebenslanges Lernen in den Vordergrund zu stellen, die Demokratisierung von Technologien voranzutreiben und Methoden zur Gestaltung von Arbeitsprozessen zu entwickeln, die die Effizienz steigern und das Mitarbeiterengagement fördern.

Abb. 2: Vernetzte Welt

Industrielle Lösungen werden smarter

Die dritte wesentliche Entwicklung bezieht sich auf den Umstand, dass das Smart Manufacturing immer smarter wird: Das Industrial Metaverse ist da. Hierbei stehen digitale Zwillinge und Echtzeit-Datenübertragung im Vordergrund. Die Integration eines universellen Szeneformats, wie es in Plattformen wie NVIDIA Omniverse verwendet wird, ermöglicht eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette. Dies wird ergänzt durch Fortschritte in der Bereitstellung von physikalischen Approximationen bei Simulationen, die zu effizienteren und kosteneffektiven Produktionsprozessen führen. Die kürzliche Ankündigung [Sie23] einer Milliardeninvestition von Siemens in Deutschland, darunter 500 Millionen Euro für einen neuen Entwicklungs- und Hightech-Fertigungscampus in Erlangen, untermauert die Bedeutsamkeit dieser Entwicklung. Der Campus soll ein weltweites Zentrum für die Entwicklung und Fertigung und ein Nukleus für Technologieaktivitäten zum industriellen Metaverse werden. Er wird dazu beitragen, ein Ökosystem von Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern und Entwicklungen zu beschleunigen.

Genau das ist essenziell, da eine Industrial-Metaverse-Strategie unter anderem zum Ziel haben muss, bisherige Technologie-Silos aufzubrechen, innovative Kooperationsmodelle zu fördern und die Integration von fortgeschrittenen Simulationswerkzeugen und digitalen Zwillingen in die Produktionsprozesse zu fördern.

Abb. 3: Arbeitskraft interagiert mit digitalen Inhalten

Fazit und Ausblick

Mit Omnireality, Augmented Productivity und Industrial Metaverse zeichnen sich drei wesentliche Entwicklungen ab, die unser Verständnis von Konsum, Arbeit und Produktion grundlegend verändern werden. Und es wird klar: Der Weg „jenseits der Cloud“ führt uns durch die Verbindung verschiedener Technologien. Die Umsetzung erfordert allerdings nicht nur Investitionen in neue Technologien, sondern auch einen offenen und kollaborativen Umgang mit den Herausforderungen, die aus solchen Entwicklungen resultieren. In einem kürzlich erschienenen Bericht des World Economic Forum habe ich zusammen mit vielen weiteren Beteiligten die Frage diskutiert, welchen Wert und welche sozialen Implikationen die Vision des Metaverse hat [WEF23]. Über diesen Aspekt hinausgehend gilt es, sich mit der Anpassung der Unternehmenskultur und -strategie zu befassen. Der Weg "jenseits der Cloud" mag mit Herausforderungen gespickt sein, aber er bietet auch immense Möglichkeiten. Gewinner werden diejenigen sein, die heute den Grundstein für eine unausweichliche Entwicklung legen.