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Leitplanken statt Regeln

Der Fachkräftemangel sowie ein neues Verständnis von Job und Freizeit krempeln das Berufsleben um: Spätestens nach der pandemiebedingten Homeoffice-Periode stellt sich Arbeitnehmern immer häufiger die Frage, was ihnen bei der Arbeit wichtig ist. Wollen Unternehmen bei Bewerbern Gehör finden, müssen sie unter anderem für eine Kultur sorgen, die die Balance zwischen Unternehmensinteresse und privaten Belangen der Mitarbeitenden besser austariert.

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Holger Pralle

Vorstand & Mitbegründer


  • 23.09.2022
  • Lesezeit: 4 Minuten
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Nine-to-five hat ausgedient. Der Job wird bei vielen Mitarbeitenden als ein Baustein des Lebens betrachtet – nicht mehr und nicht weniger. Besonders deutlich wird die Transformation, die Unternehmen gerade durchlaufen, beim Thema „Mobile Working“.
Jahrzehntelang galt Arbeiten außerhalb der Firma in Chefetagen bestenfalls als geduldet, um sich im Wettbewerb um die besten Talente alle Optionen offen halten zu können. Doch die fortschreitende Digitalisierung mit technologischen Innovationen in der Kommunikation und Mobilität, spätestens aber die Corona-bedingte Umsiedlung ins Homeoffice, führen selbst bei konservativen Unternehmenslenkern zum Umdenken. Treiber für einen Richtungswechsel in der Unternehmenskultur sind vor allem junge Mitarbeitende, die Angehörigen der Millennials und Generation Z, mit einer oft klaren Meinung von Arbeit. Sie arbeiten, um zu leben – nicht umgekehrt.

Arbeit und Privatleben neu austarieren

Großraumbüros, Bällebäder, Mate-Tee und Yogakurse: alles schön und gut. Wollen Unternehmen neue Talente finden und halten, müssen sie den Bewerbenden aber vielmehr zu verstehen geben, dass Flexibilität, Agilität und die individuellen Interessen der Angestellten keine Lippenbekenntnisse sind.
„New Work“ hat Organisationen einen neuen Maßstab aufgedrückt. Der sogenannte „Cultural Fit“ ist für viele Personalentscheider künftig sogar grundlegend dafür verantwortlich, ob eine Organisation gedeiht oder nicht. Das sind Erfahrungen, die wir in zwanzig Jahren „New Work“ gemacht haben; zu diesem Ergebnis kommen auch mehr und mehr Umfragen.
Ende 2021 hatte das Bewertungsportal Glassdoor rund 1.000 Deutsche und mehr als 4.000 weitere Teilnehmer in Großbritannien, Frankreich und den USA nach der Bedeutung von Kultur und Leitbild eines Unternehmens befragt. Mehr als drei Viertel aller Befragten würden sich demnach vor einer Bewerbung genau mit der Unternehmenskultur auseinandersetzen. Ein möglicher Grund dafür: Mehr als jeder zweite Teilnehmer äußerte die Überzeugung, dass die Kultur einen höheren Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat als das eigene Gehalt. Arbeitgeber, die ihre Personalgewinnung und -bindung verbessern möchten, kommen nicht umhin: Sie müssen den Aufbau einer starken Unternehmenskultur und eines Wertesystems vorantreiben.

Eine Frage der Balance

Wie kann das aussehen? Unserer Erfahrung nach kommt es darauf an, die Balance zwischen Job und Privatleben richtig auszutarieren. Auch im Beratungsgeschäft hält deshalb mehr und mehr ein Verständnis Einzug, das die Belange der Mitarbeitenden berücksichtigt. Eine Auszeit, um neben der Beratung eine Ausbildung zur Skilehrerin zu machen, mehrere Monate remote von Italien zu arbeiten, freitagnachmittags zum Wellenreiten, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen: Unternehmen brauchen eine neue Vorstellung davon, wie viel Freiraum sie Mitarbeitenden einräumen, damit diese ihren Interessen nachgehen können.
Natürlich gilt, dass Ziele erreicht, Projekte beim Kunden abgeschlossen werden müssen. Umso wichtiger ist es, eine Kultur zu ermöglichen, in der Mitarbeitende in Absprache mit Kunden und Teams ihre Zeit selbstständig planen können.
Dieser Freiraum bezieht sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Job und Privatleben, sondern auch auf das Maß an Entscheidungsfreiheit, das Mitarbeitende genießen. Denn auch das ist ausreichend belegt: Mikromanagement tötet Motivation, selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Arbeiten fördert sie. Leitplanken statt Regeln lautet also das Gebot der Stunde, um Mitarbeitern den nötigen Freiraum zu geben. Das fängt bei der Auswahl des eigenen Dienstwagens an und hört auf bei der Art und Weise, wie man ein Projekt führt. Hier zeigt sich, wie viel „New Work“ wirklich in einem Unternehmen steckt.

Abb. 01: Freiräume bei der Arbeit steigern die Motivation

Abb. 02: Teezeremonie am Arbeitsplatz

Patentrezept für einen guten Arbeitgeber

Das Patentrezept, das einen guten Arbeitgeber ausmacht? Im Grunde ganz einfach: Jeder will, dass man ihm vertraut, ihn respektiert, ernst nimmt, nicht behindert und vor allem wahrnimmt – nicht als Nummer oder Ressource, sondern als Mensch. Arbeitgeber, die dies nicht nur verstanden haben, sondern auch in die interne Kommunikation, Führungsverhalten, Feedback-Gespräche, Entscheidungsprozesse, Gratifikationsprozesse etc. übersetzen, werden es in jeder Hinsicht leichter haben.
Natürlich ist das kein Freibrief für die Belegschaft. Damit „New Work“ funktioniert, muss auch sie einen Teil dazu beitragen. Jedes Unternehmen ist auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, die nicht nur fachlich hervorragend sind, sondern die den Freiraum, der sich ihnen bietet, auch wirklich ausfüllen wollen und sich für ihre Aufgabe, für ihre Kollegen und ein Stück weit für das Unternehmen verantwortlich fühlen.

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Holger Pralle

Vorstand & Mitbegründer
Zu Inhalten

Holger Pralle ist Vorstand und Mitbegründer der Bremer abat AG. Der auf die Automobil-Branche fokussierte SAP-Dienstleister lebt „New Work“ seit Gründung 1998, lange bevor dieser Begriff in aller Munde war.


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