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„Moderne Bebauungspläne sind Hilfe zur Selbsthilfe“

Joachim Schmider, Vice President – Enterprise Architecture Strategic IT & Digitalization beim Automobilzulieferer Schaeffler, ist begeistert von einer neuen Art von Architekturarbeit. Sie setzt weniger auf Methoden und klassische Frameworks, sondern stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Ganz in diesem People Centric Sinne hat Schmider gemeinsam mit dem Cross-Business-Architecture Lab einen Next Level Bebauungsplan entwickelt. Dieser hat nur noch wenig mit dem IT-Bebauungsplan alter Prägung zu tun. Er setzt vielmehr auf die kollaborative Einbindung aller Verantwortungsträger. Dadurch entsteht ein dynamischer und lebender Plan, der die Unternehmensziele unterstützt und nicht die Einhaltung von Vorgaben kontrolliert.
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Christoph Witte

Chefredakteur IT Spektrum und BI-Spektrum


  • 26.11.2021
  • Lesezeit: 14 Minuten
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JavaSPEKTRUM: Enterprise Architecture (EA) erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance. Woran liegt das?

Schmider: Das hängt mit der steigenden Komplexität zusammen, die aufgrund der Digitalisierung weiter zunimmt. Mit der Digitalisierung potenzieren sich die Möglichkeiten, digitale Technologien einzusetzen, die das Business voranbringen. EA hat die Aufgabe zu zeigen, wie Geschäftsmodelle, Prozesse, Daten und Technologie miteinander zusammenhängen und was passiert, wenn man dieses Gesamtgefüge komplett oder in Teilen verändert.

Warum wird gerade in Zusammenhang mit der Digitalisierung so häufig von Komplexität in der Enterprise Architecture gesprochen? IT und Prozesse waren ja auch davor nicht einfach.

Früher war Enterprise Architecture sehr viel stärker Infrastruktur lastig. EA war häufig eine Stabsstelle des CIOs. Controlling, Kosten und Optimierung standen im Zentrum. Durch die Digitalisierung hat die Technologienutzung als Business Enabler einen starken Push bekommen. Die Awareness des CEOs und der Vorstandsmitglieder ist sehr viel stärker geworden. Die Akzeptanz von Technologie als wesentlicher Bestandteil künftiger Geschäfte ist ebenfalls stark gestiegen.

Ist denn im Vorstand und in den Fachbereichen das Verständnis für Enterprise Architecture gewachsen?

Ja, allerdings funktioniert das meistens nicht ohne Beispiele. Bei uns ist die Akzeptanz überall dort stark gewachsen, wo EA ganz konkret geholfen hat, komplexe Sachverhalte zu verstehen, und wir gemeinsam an Zielarchitekturen gearbeitet haben. Dann erleben die Fachabteilungen so etwas wie ein Heureka-Moment: „Ah, das ist Architektur und das kann man also damit machen.” Man muss mit den Leuten reden und auf sie zugehen. Dann tut sich bei ihnen auch etwas in Sachen Awareness. Wir dürfen nicht mehr nur über Architektur reden, sondern müssen die Mitarbeitenden ganz praktisch in die Erstellung von Architektur einbeziehen und sie dort abholen, wo sie sich gerade befinden.

Wenn Sie die EA von vor 5 Jahren mit der heutigen vergleichen, welche Veränderungen fallen Ihnen am stärksten auf?

Komplexität und Skill. Früher haben Enterprise-Architekten nur über IT gesprochen. Heute sprechen sie auch noch über IT, aber zusätzlich auch über Daten, Prozesse, Geschäftsmodelle, Operating Model usw. Ihre Bandbreite ist sehr viel größer geworden. Um den digitalen Wandel zu gestalten, brauchen sie einfach mehr Dimensionen als die IT. Die Komplexität hat zugenommen und damit auch die Skills der EA. Sie kann heute mit unterschiedlichen Stakeholdern in ihrer jeweiligen Sprache und der jeweiligen Perspektive sprechen. Strategie-, Change- und Kommunikations-Skills haben in der EA signifikant zugelegt. Fähigkeiten, die früher weniger gut ausgeprägt waren.

Ist das eher eine Anforderung an die EA oder sind die Strategie- und Change-Skills innerhalb der EA schon breit wahrnehmbar?

Wenn die EA aus der CIO- und Optimierungsecke rauskommen will, dann ist das eine klare Anforderung. Zum Teil hat die EA diese Fähigkeiten aber auch bereits und baut diese entsprechend aus. Bei Schaeffler zum Beispiel ist die EA nicht Teil der IT, sondern Teil der strategischen Digitalisierung mit direktem Berichtsweg an den CEO. Durch die strategische und transformative Ausrichtung schaffen wir Rahmenbedingungen, um das Unternehmen weiter zu Digitalisieren.

Sehen Sie die Rolle der EA als Mittler zwischen IT und Business?

Absolut. Deshalb bin ich mit der Rolle, die EA bei Schaeffler spielt, auch absolut happy. Vom Grundverständnis denke ich, brauchen wir als EA ein breites und tiefes Verständnis. Wir sind aber unwirksam ohne entsprechende Pendants im Business, in der IT und in den Datenwelten. Da brauchen wir auch Experten, damit wir ein wirkliches Netzwerk knüpfen können. Die EA muss die Leitplanken bieten, aber die zukünftigen Businessarchitekten, Strategen, Enterprise- und Solutionsarchitekten tatsächlich auch mit ausbilden. Wir brauchen dort diese Leute und diese Skills.

Schaeffler scheint in Sachen EA ziemlich weit vorne zu sein. Nehmen Sie auch in anderen Unternehmen – zumindest in den großen – einen ähnlichen Stellenwert der EA wahr?

Es wird mehr und mehr so positioniert, vor allem, wenn es um große Transformationen geht wie bei S4/HANA, wo kein Stein auf dem anderen bleibt. Immer dann, wenn die Komplexität so groß wird, dass auf Anhieb keine Struktur mehr erkennbar ist, erschallt immer öfter der Ruf nach Enterprise-Architekten, die das große Bild malen und gestalten sollen. Dabei ist eine gesamthafte Architekturbetrachtung wichtig, um das ganze Potenzial für das Business zu heben, und weniger eine IT-Orientierung alleine. Das ist ein evolutionärer Prozess, der mit der Komplexität korreliert. Je komplexer die Projekte werden, desto mehr Freiheitsgrade nicht mehr gemanagt werden können, desto stärker wird der Wunsch nach Struktur.

Obwohl die EA sich Ihrer Einschätzung nach in jüngster Zeit ganzheitlicher aufstellt, fertigt sie nach wie vor die sogenannten IT-Bebauungspläne an. Da drängt sich der Eindruck auf, dass die schon erwähnte Kontrollfunktion sehr stark ausgeprägt ist. Stimmt dieser Eindruck?

Die besten Bebauungspläne sind sehr fachlich orientiert und viel weniger IT lastig, als ihre Bezeichnung nahelegt. Sie bringen heute viel mehr die Themen Technologie, Daten und Prozesse zusammen. Ein Bebauungsplan hat heute viel mehr Dimensionen als der klassische Portfoliobebauungsplan früherer Tage. Durch seine Mehrdimensionalität bringt ein solcher Bebauungsplan die unterschiedlichen interessierten Seiten zusammen. Auf seiner Basis können die Interessen abgeglichen und eine gemeinsame Marschrichtung festgelegt werden.

Gemeinsam mit dem Cross-Business-Architecture Lab haben Sie eine Blaupause für diese neue Art des Bebauungsplans entwickelt. Können Sie uns die Prinzipien dieses „Next Level Bebauungsplans“ erläutern?

Veränderungen haben immer mehrere Dimensionen und Bebauungspläne müssen diese verschiedenen Perspektiven berücksichtigen. Jeder Stakeholder muss sich in einem solchen Bebauungsplan wiederfinden. Dinge wie Security, Daten- und Informationsflüsse, Prozesse und Verantwortlichkeiten fließen da ein. Wenn man es schafft, einen solchen Bebauungsplan zu personalisieren und kontextsensibel zu gestalten, sodass zum Beispiel ein CEO auf Basis gemeinsamer Daten eine andere Sicht auf den Bebauungsplan bekommt als die CISO oder eine Projektverantwortliche, ist schon viel gewonnen. Das Ganze wirkt nicht mehr so komplex, weil die jeweilige Rolle ihre Aufgaben, Prozesse und Daten sofort erkennt.
Und weil sich die Leute in ihren Verantwortungsbereichen gut auskennen, können wir aktiv helfen, die für sie passende Architektur zu entwickeln. Wenn sie erkennen, dass ein angrenzender oder übergeordneter Bereich mit einer bestimmten Gestaltung seine Ergebnisse weniger effektiv erreicht, sind sie in aller Regel bereit, alternative Szenarien zu akzeptieren oder zumindest darüber zu diskutieren. Diese personalisierte Sicht erlaubt also eine sehr viel kollaborativere und interaktivere Arbeit an einem solchen Bebauungsplan. Dieser Plan ist übrigens dynamisch. Da wird ja nicht einmalig etwas zusammengefügt, sondern die Teilarchitekturen verändern sich ständig. Das funktioniert aber nur, wenn alle Beteiligten miteinander sprechen, dabei eine Sprache entwickeln und die Übergänge im Auge behalten.

Wenn zahlreiche verschiedene Stakeholder-Perspektiven berücksichtigt werden müssen, gerät ein solcher Bebauungsplan dann nicht noch komplexer, als die alten Portfoliopläne ohnehin schon waren?

Komplexität ist schwer zu kommunizieren und schwer zu konsumieren. Deshalb haben wir beim Aufbau der Pläne auch versucht, Ansätze aus dem User Experience Design zu berücksichtigen. Also immer wieder Dinge zu abstrahieren, zu simplifizieren und auf die Schlüsselelemente zu fokussieren. Die Pläne sind auch insofern dynamisch, als sie verschiedene Verdichtungsebenen anbieten. Der Betrachter kann sowohl den Gesamtplan betrachten, der dann im Wesentlichen die Schlüsselelemente zeigt oder, wenn Sie so wollen, die „Draufsicht“ auf ein Gebäude. Aber er kann auch an jeder

Joachim Schmider ist Vice President – Enterprise Architecture Strategic IT & Digitalization bei Schaeffler. Davor arbeitete er bei IBM, zuletzt als Leader Digital Strategy and Transformation Practice in DACH. Er studierte Luftund Raumfahrttechnik in Stuttgart. beliebigen Stelle einen Drill-Down machen, bis ihm auf der Technologieebene jeder Router gezeigt wird. So kann ich ziemlich einfach die Leute dort abholen, wo sie sich auskennen, und sie peu à peu mit dem großen Bild vertraut machen.

Bedeutet das auch, dass ein Projektverantwortlicher tatsächlich einen anderen Plan sieht als die Security-Chefin?

Ja, der Verantwortungsbereich der verschiedenen Stakeholder steht im Mittelpunkt, aber alle Pläne basieren auf dem gleichen EA-Datenmodell. Man kann sich das ungefähr wie auf dem Bau vorstellen. Der Maurer hat einen anderen Plan als der Elektriker oder der Klempner, aber diese Einzelpläne sind alle Teil des Gesamtplans. Eine andere Analogie, die man benutzen kann, ist ein personalisiertes Mindmap.

Wenn sich IT und Fachabteilungen mit dem Next Level auseinandersetzen, ist er noch nicht abgeschlossen. Haben die verschiedenen Interessensgruppen dann auch mehr Mitspracherecht?

Zu Beginn nutzen die Enterprise-Architekten bei uns die Infos für die Grundelemente eines Bebauungsplans, die sie kennen. Für eine bestimmte Domäne kann das bedeuten, dass sie den Istzustand zu 60 Prozent korrekt abgebildet haben. Wenn die Verantwortung mit abgebildet ist, sprechen sie auf dieser Basis mit dem Stakeholder und vervollständigen dann mit diesem gemeinsam den Plan. Das ist wie ein Puzzle, bei dem sie den Rahmen und einige schwierige Elemente schon zusammengesetzt haben. Gemeinsam mit den Stakeholdern vervollständigen sie das Bild. Die kollaborative Arbeit an einem noch nicht vollständigen Zielbild funktioniert sehr viel besser, als wenn auf einem weißen Blatt Papier begonnen wird. Da zögern die Leute, den ersten Strich zu ziehen, weil sie fürchten, etwas falsch einzuzeichnen. Wenn schon etwas dasteht, können sie es dagegen in seiner Positionierung und Qualität bewerten und gegebenenfalls ergänzen, korrigieren oder vervollständigen. Dadurch beschäftigen sich die Leute auch deutlich lieber mit Zusammenhängen.
Durch die ständige Zusammenarbeit und neue Inputs ist der Bebauungsplan auch nie fertig, sondern stellt immer nur eine Iteration dar.

Bebauungspläne schreiben für die Zukunft etwas fest, auch wenn sie als dynamisch bezeichnet werden. Wie passen Bebauungspläne in eine agile Welt?

Eigentlich hervorragend. Aus einer Business- und Digitalstrategie entstehen gewisse Leitplanken, innerhalb dieser Richtungsgeber kann ich mich durchaus bewegen, also agil sein. Man kann natürlich trotzdem diese Begrenzungen überschreiten. Allerdings muss das gut begründet werden. Man kann Leitplanken auch anpassen, weil wir durch Agilität auch schneller lernen. Bei der neuen Art von Bebauungsplänen geht es nicht darum, starre Grenzen und Leitplanken zu errichten, sondern diese aufgrund der eingebrachten Erfahrungen immer wieder anzupassen. So werden neue Entwicklungen nicht ausgebremst, sondern sie werden in eine Richtung gelenkt.

Sie nennen Ihren Next Level Bebauungsplan „people centric“ und nicht mehr „system centric“. Wie wollen Sie es schaffen, dass die Leute an diesem großen Plan mitwirken möchten und sich nicht nur auf Lösung ihrer Alltagsherausforderungen konzentrieren.

Wir erwarten nicht von den Leuten, dass sie sich dauernd um den Plan kümmern. Ein solcher Bebauungsplan entsteht ja in Fragmenten. Wenn wir es schaffen, die Verantwortung der Leute in den Mittelpunkt zu rücken, und die sie betreffenden Architekturelemente um diese Verantwortung gruppieren, dann ist das nicht nur relativ schnell zu durchschauen, sondern hilft auch, die Alltagsprobleme zu lösen, um deren Bewältigung sich die Leute ja hauptsächlich kümmern. Bei Schaeffler gibt es zum Beispiel den digitalen Portfoliomanager. In dem ihn betreffenden Teil des Bebauungsplans werden die Dinge dargestellt, die ihn betreffen. Er ist aber auch dafür verantwortlich, dass die Informationen, die wir für diesen Teil des Plans benötigen, korrekt sind. Es ist eine Win-Win-Situation. Wir helfen dem Portfoliomanager durch relevante Informationen, seine Aufgabe besser zu strukturieren und zu bewältigen, dafür hilft er uns mit den richtigen Infos, was den Architekten ihre Arbeit erleichtert und ihm letztlich auch.

Es geht also abstrakt darum, dass Sie den Leuten in einer Organisation helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Genau das macht ein Enterprise-Architekt. Hilfe zur Selbsthilfe.

Diese neue Art von Bebauungsplänen setzen Sie bei Schaeffler bereits ein. Welche Erfahrungen haben Sie damit bisher gemacht? Wie funktioniert´ s?

Sehr gut. Natürlich stellt das eine sehr große Veränderung im Team der Architekten dar. Wir mussten lernen, diese Komplexität darzustellen und zu vermitteln. Inzwischen haben wir Piloten mit Daten-, Business- und IT-Verantwortlichen absolviert mit sehr viel versprechenden Ergebnissen. Die Kolleginnen und Kollegen akzeptieren nicht nur die neue Art der Bebauungspläne, sondern auch ihre Mitarbeit daran. Wir kommen langsam vom Push- in den Pull-Modus. Wir müssen nicht mehr erklären, wie wertvoll EA ist, sondern es hat sich schon rumgesprochen, wie hilfreich EA ist, und wir werden gebeten, uns aktiv sowohl an komplexen Projekten als auch Strategieerarbeitungen zu beteiligen beziehungsweise eine aktive Governance auszuüben.

Zeichnen sich bereits konkrete Vorteile des neuen Vorgehens ab?

Es ist noch deutlich zu früh, um harte Zahlen zu nennen. Auffällig ist allerdings, dass die Projekte deutlich besser designt und aufeinander abgestimmt sind. Die Puzzlestücke passen jetzt viel besser zusammen, das Team ist besser für die Umsetzung vorbereitet. Business und EA arbeiten jetzt eng und vertrauensvoll zusammen. Sie entwickelten ein gemeinsames Architekturbild, von dem sie genau wissen, auf welche Weise es die vom Vorstand verfolgten Ziele unterstützt. Das ist ein großer Motivationsschub.

Wenn sich die neue EA-Art bei Schaeffler so etabliert hat, dass „harte Zahlen“ genannt werden können, kann EA dann auch über Business KPIs bewertet werden?

Unbedingt. Jeder von uns muss seinen Beitrag auch messbar machen. Wir wollen erreichen, dass jede Architektur relevante Projektinitiative eine definierte Lösungsarchitektur hat, bevor sie umgesetzt wird und diese in die Enterprise-Architektur passt. Auf diese Weise kommen wir auch in die KPI-Betrachtung hinein. Durch die zugrunde liegende Architektur können die Projekte besser aufeinander abgestimmt werden, sie können schneller abgeschlossen und integriert werden und in der Folge können sie ihren Beitrag früher leisten. Wir wollen über Messungen belegen, dass gute, klare Architekturarbeit letztlich die time-to-market, die Projektkosten sowie die Qualität verbessert.

Wie wirkt sich diese neue Architekturarbeit auf die Softwareentwickler im Unternehmen aus?

Sie erleichtert den Entwicklern die Arbeit. Sie wissen genauer, was sie eigentlich mit welchen Technologien entwickeln sollen, weil Themen und Ziele früher und genauer zwischen den verschiedenen Gruppen abgeklärt werden. Schon vor Projektbeginn werden Leitplanken aufgestellt zum Beispiel zu den genutzten Tools, Technologien oder auch Architektur-Patterns. Da gibt es dann während des Projekts keine verzögernden Diskussionen mehr. Dadurch können die vorgegebenen Projektziele schneller erreicht werden mit mehr Fokus auf das Machen.

Aber Entwickler lassen sich ja eigentlich nicht gerne gängeln.

Deshalb ist ihre Rückkopplung, ob bestimmte Leitplanken funktionieren, auch so wertvoll. Kein Architekturteam kann daran interessiert sein, Leitplanken aufzustellen, die Entwickler in ihrer Arbeit stören.

Wann bindet Schaeffler Entwickler in die Architekturarbeit mit ein?

Wir binden Entwickler und Technologieexperten immer wieder ein, bevor Leitplanken formuliert werden. Dabei sind Iterationen wichtig, wie in der Wissenschaft. Zeig mir, wo es nicht passt, dann verändere ich das.

Wie können sich Entwickler aktiv einbringen?

Wir haben dazu Architektur-Communities geschaffen, in denen Entwickler sich in verschiedenen Bereichen engagieren können. Jeder kann sich konkret einbringen. Da geht es nicht um „philosophische“ Betrachtungen, sondern ganz pragmatisch darum, wie man zur besten Lösung gelangt.

Wenn Sie nur einen Punkt an dem Next Level Bebauungsplan hervorheben könnten. Welcher wäre das?

Die Umstellung auf die jeweiligen Verantwortungsbereiche der Beteiligten war wirklich ein Game Changer. Dieser Menschen zentrierte Ansatz mit seinen Rollen und den automatisch erzeugten rollenspezifischen Darstellungen macht EA erst für alle erfahrbar und zu einer Grundstruktur, an der alle mitwirken können, die Interesse haben. Deshalb ist das Kollaborative fast genauso wichtig wie das Attribut Menschen zentriert.

Abgesehen vom Next Level Bebauungsplan. Was ist die größte Herausforderung für die EA?

Sie muss ein Stück weit raus aus ihrem IT- und Methodendenken. Sie muss die Menschen mehr mitnehmen, Architektur, Komplexität und Veränderungen anhand User-Storys und Storytelling verständlich machen und interessant und nachvollziehbarer rüberbringen. Wir brauchen mehr Architekten, die auch Strategen und Berater sind und klassische Frameworks zielgerichtet nutzen, aber weniger in den Vordergrund stellen.

Das Interview führte Christoph Witte, E-Mail: cwitte@wittcomm.de

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Christoph Witte

Chefredakteur IT Spektrum und BI-Spektrum
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Christoph Witte ist Gründer der Wittcomm Agentur für IT, Publishing und Kommunikation. Darüber hinaus ist er Chefredakteur von IT Spektrum sowie BI-Spektrum und wirkt zudem bei dem Magazin JavaSPEKTRUM mit.

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Joachim Schmider ist Vice President – Enterprise Architecture Strategic IT & Digitalization bei Schaeffler. Davor arbeitete er bei IBM, zuletzt als Leader Digital Strategy and Transformation Practice in DACH. Er studierte Luftund Raumfahrttechnik in Stuttgart.

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