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Nachhaltigkeit im Software-Engineering – Teil 3: Datentransfer im Visier

Der Klimawandel ist real, und jeder muss einen Beitrag dazu leisten, ihn zu stoppen – auch und vielleicht sogar gerade Softwareentwickler. Aber wie?

  • 23.09.2022
  • Lesezeit: 6 Minuten
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Daten über das Netzwerk zu transportieren, verbraucht Energie und verursacht somit CO2-Emissionen. Wer diese mittels reduzierten Energieverbrauchs eindämmen möchte, darf den Datenverkehr über das Netzwerk nicht aus dem Blick verlieren.
Betrachtet man den Energieverbrauch des Datenverkehrs, sind zwei Größen entscheidend: die Menge der übertragenen Daten und die Distanz, die die Daten zurücklegen müssen. Daraus lassen sich zwei Grundsätze ableiten:

  • Je weniger Daten die Software über das Netzwerk transportieren muss, desto weniger CO2-Emissionen entstehen.
  • Je kürzer die Übertragungsstrecke ist, desto geringer ist der Ausstoß an CO2.

1) Dies ist ein Nachdruck des dritten Teils einer neuen Kolumne zu „Sustainability im Software Engineering” bei heise Developer. Siehe: https://www.heise.de/hintergrund/Sustainability-in-Software-Engineering-Teil-3-Datentransferim-Visier-6112966.html?seite=all1

Die unterschiedlichen Parameter

Da der genaue Energieverbrauch einer Datenübertragung im Netzwerk und im Internet von zahlreichen Parametern abhängt, variierter stark. Neben den Parametern Menge und Strecke hängt der tatsächliche Energieverbrauch im Detail zusätzlich von den konkret involvierten Netzwerkknoten und deren Energieeffizienz ab. Daneben spielen die Leitungen zwischen den Knoten und deren genaue Technik eine Rolle.

Von welcher Größenordnungen ist die Rede?

Um die Auswirkung der Datenmenge zu ermitteln, nutze ich folgende Grundlage: 1 MByte zu übertragende Daten im Internet benötigen ungefähr 0,0023 kWh Strom. Der Wert stammt aus dem Online-Kurs von Microsoft [Micro] zum Thema „Sustainable Software Engineering”, der wiederum auf eine Studie von „The Shift Project” verweist. Es handelt sich um einen groben Durchschnittswert. Daher eignet er sich aus meiner Sicht nicht, um einen genauen Wert für ein konkretes Fallbeispiel zu berechnen oder abzuleiten, aber er vermittelt einen groben Eindruck von der Größenordnung.

Basierend darauf benötigen 1 GByte übertragene Daten ungefähr 2,3552 kWh. Umgerechnet in CO2-Emissionen ergibt das etwa 1,22 kg CO2.

Was bedeutet das im Vergleich?

Ich habe mir meinen Hausanschluss angesehen: Ein Blick in den WLAN-Router offenbarten fast 850 GB an übertragenen Daten in einem Monat. Umgerechnet sind das etwa 1034 kg CO2 – und das in einem Monat. Zur Erinnerung: Der Langstreckenflug, der im zweiten Teil der Serie [Lip22] als Vergleich diente, verursacht etwa 1883 kg CO2 pro Flug in der Economy-Class für einen Passagier (s. a. Kasten „Korrektur zum Langstreckenflug”).

Somit lohnt es sich, den Netzwerk-Traffic der eigenen Software im Rechenzentrum anzuschauen und zu analysieren. Monatlich kommen erhebliche Mengen zusammen – sowohl im internen Netzwerk als auch an externem Traffic.

Die Menge reduzieren, aber wie?

Für Webanwendungen lohnt sich ein Blick in das Buch von Tom Greenwood „Sustainable Web Design” [Gree21], das zahlreiche Wege auflistet, um die Menge der übertragenen Daten für Webanwendungen zum Teil drastisch zu reduzieren. Ein erfreulicher Seiteneffekt ist übrigens, dass der Browser derart optimierte Webanwendungen in der Regel deutlich schneller lädt.

Die Distanz reduzieren

Was für eine hausinterne Software vermutlich keine große Rolle spielt, kann für Software, die in der Public-Cloud läuft, einen großen Unterschied bedeuten. Die Ansätze, die Strecke der Datenübertragung kurzzuhalten, sind allesamt nicht neu. Unternehmen sollten:

  • die Region in der Public-Cloud sorgfältig auswählen und dabei die Nähe zu den Benutzern optimieren,
  • auf Content Delivery Networks setzen, um häufig benötigte Daten nahe an den Benutzern zu halten, statt sie über lange Distanzen im Internet zu transportieren, und
  • Browser-Cache-Einstellungen verwenden, um Daten und Inhalte möglichst selten neu zu laden.

Hier gilt erneut, dass viele Optimierungen nicht nur die CO2-Emissionen reduzieren, sondern gleichzeitig die Software durch weniger und schnelleres Laden von Daten beschleunigen.

Die verwendete Übertragungstechnik

Die Green-Cloud-Computing-Studie zum Thema Video-Streaming [BMU-PK] (s. Abb. 1) vermittelt einen guten Eindruck davon, wie unterschiedliche Technologien bezogen auf die CO2-Emissionen abschneiden:

  • Glasfaser (2 g CO2)
  • VDSL (4 g CO2)
  • 5G Mobilfunk (5 g CO2)
  • 4G Mobilfunk (13 g CO2)
  • 3G Mobilfunk (90 g CO2)

Abb. 1: Treibhausgasemissionen Videostreaming Rechenzentrum und Übertragungswege, Quelle: [BMU-PK]

Die konkreten Zahlen, die sich in dem Fall auf eine Stunde Video-Streaming in HD beziehen, sind wenig aussagekräftig, aber das Verhältnis zueinander ist interessant. Wer die Option hat, Daten über einen VDSL-Anschluss und WLAN zu übertragen, sollte sie nutzen, statt auf das Mobilfunknetz zurückzugreifen. Für Mobilfunknetze ist 5G die bevorzugte Wahl, da es fast an den Energieverbrauch eines VDSL-Anschlusses herankommt.

Win-win – Again

Wie im vorangegangenen Teil der Serie [Lip22] ergibt sich erneut eine Win-Win-Situation: Mit den passenden Anstrengungen lassen sich Kosten reduzieren, Anwendungen beschleunigen und gleichzeitig die CO2-Emissionen reduzieren. Das sind mehrere gute Gründe, um in dieser Richtung aktiv zu werden.

items
<ListValue: [StructValue({'title': 'Korrektur zum Langstreckenflug', 'text': 'Ein Leser hat mich beim vorangegangenen Teil der Artikelserie [Lip22] darauf hingewiesen, dass ich den Langstreckenflug lediglich mit 640 kg CO2-Emissionen ausgewiesen habe, statt den Wert der gesamten Emissionen zu verwenden. Diese Kritik ist berechtigt. Häufig werden Emissionswerte für den Vergleich miteinander in „CO2-äquivalente”-Mengen umgerechnet. Deshalb ist es wenig sinnvoll, reine CO2-Emissionen auf der einen Seite mit CO2-äquivalenten Mengen auf der anderen Seite zu vergleichen. Der korrigierte Wert für den Langstreckenflug ist somit 1883 kg CO2-äquivalente Emissionen statt 640 kg reine CO2-Emissionen. Danke für das Feedback!'})]>

Weitere Informationen

[BMU-PK] Bundesumweltamt,
https://publicarea.admiralcloud.com/p/iRg9WDwNJTyyr1D21Bx4mY

[Gree21] T. Greenwood; Sustainable Web Design, A Book Apart, 2021, s. a.
https://abookapart.com/products/sustainable-webdesign

[Lip22] M. Lippert, Nachhaltigkeit im Software-Engineering – Teil 2: Warum auf erneuerbare Energien warten?, in: JavaSPEKTRUM, 4/2022,s. a.
https://www.heise.de/hintergrund/Sustainabilityim-Software-Engineering-Warum-auf-erneuerbare-Energienwarten-6029217.html

[Micro]
https://docs.microsoft.com/en-us/learn/modules/sustainable-software-engineering-overview

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Zu Inhalten
Martin Lippert arbeitet bei VMware an Entwicklungswerkzeugen und IDEs für Spring und Spring Boot. Er ist langjähriges aktives Mitglied der Eclipse Community, diente im Program Committee für zahlreiche internationale Konferenzen und blickt auf eine lange Historie von Konferenzvorträgen zurück. Das Thema Sustainability liegt ihm besonders am Herzen.

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