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Nur geträumt! KI ist nicht gleich Robo-Taxi

2013 behauptete der US-amerikanische Softwareentwickler Marc Andressen, der Durchbruch beim autonomen Fahren stehe kurz bevor. Heute steuern wir unsere Fahrzeuge noch immer selbst – die Künstliche Intelligenz fährt trotzdem mit.
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Stefan Wess

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  • 25.06.2021
  • Lesezeit: 3 Minuten
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Von einem Durchbruch autonomer Fahrzeuge ist noch immer sehr wenig zu spüren. Und dies, obwohl Elon Musk uns den Einsatz von Robo-Taxis für das Jahr 2020 schon fest versprochen hatte. Der in den Medien oft gefeierte Einsatz autonomer Fahrzeuge beschränkt sich derzeit noch auf spezielle Gebiete, saubere Sensoren, sehr gute Karten und insbesondere schönes Wetter. Regen? Fehlanzeige!

„Zweite Stufe: teilautomatisiertes Fahren“

Es häufen sich dafür die negativen Schlagzeilen über Unfälle, sogar Tote. Verschiedene Gerichtsverfahren erlauben uns einen Blick hinter die Marketingaussagen. Deutsche Gerichte verbieten einem amerikanischen Hersteller die Nutzung des Begriffs „Autopilot“, da er irreführend sei. Beim autonomen Fahren unterscheiden wir zwischen unterschiedlichen Stufen: angefangen vom Level 0, „Selbstfahrer“, über die Level 2 und 3, „Teil- und Hochautomatisierung“, bis zum Level 5, „Kein menschlicher Fahrer mehr erforderlich“. In einem dieser Gerichtsverfahren gibt genau dieser Hersteller dann zu Protokoll, dass er lediglich Fahrzeuge auf Level 2 anbietet, höhere Level von ihm gar nicht unterstützt würden und daher ausschließlich der Fahrer und nicht etwa der Hersteller für etwaige Unfälle verantwortlich sei – trotz Autopilot und Full Driving Option. Was deutsche Automobilhersteller im Gegensatz zu ihren amerikanischen Konkurrenten immer schon betonten, wird langsam zu Gewissheit: Der Traum vom Fahren ohne fahren ist erst einmal geplatzt. Wie konnte dies passieren? Warum haben sich so viele Experten über Jahre täuschen lassen? Wahrscheinlich kommen hier in Kombination zwei Effekte zum Tragen: einerseits die Überschätzung der Erfolge in der Künstlichen Intelligenz, insbesondere des Deep Learnings, andererseits die Unterschätzung der Komplexität der Aufgabe, ein Fahrzeug unfallfrei durch eine Großstadt zu navigieren. Fahrzeuge auf Level 1 bis Level 4 sind noch relativ einfach zu realisieren. Der wirklich große Sprung in der Komplexität erfolgt erst bei Level 5 – einem Robo-Taxi ohne Fahrer. Die Fehleinschätzung beim autonomen Fahren ist durchaus menschlich. Erstens ist die Technik des Maschinellen Lernens so kompliziert und die Erfolge waren so eindrucksvoll, dass es nur einer kleinen Gruppe von Experten möglich war, die Grenzen der Technologie realistisch einzuschätzen. Zweitens fallen wir bei der KI immer wieder auf das gleiche Paradoxon herein: Was Menschen schwerfällt, fällt Maschinen leicht. Was Menschen leicht fällt, fällt Computern schwer.

„Was Menschen leicht fällt, fällt Computern schwer“

Uns Menschen fällt Autofahren – nach einigen Fahrstunden – nicht besonders schwer, daher neigen wir dazu, die Komplexität der Gesamtaufgabe zu unterschätzen. Maschinen stellt die unfallfreie Führung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr aber vor eine gigantisch große Herausforderung. Der wahre Wandel durch die Künstliche Intelligenz kommt daher leise und ohne große Schlagzeilen daher. Das beobachten wir übrigens genau da, wo wir hier fehlende Erfolge bemängeln: beim Autofahren. Fahrer bekommen heute einen intelligenten Assistenten, der ihnen ständig zur Seite steht, den Verkehr überwacht, neue Routen berechnet, den Verbrauch steuert. Hochautomatisiertes Fahren wird sehr schnell Wirklichkeit werden. Man könnte sagen: Die einen träumen, während die deutsche Industrie einfach mal macht. Ein großer Traum ist bereits heute Realität. Made in Germany.

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Stefan Wess

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Dr. Stefan Wess ist geschäftsführender Gesellschafter der Empolis Management GmbH, anerkannter Hightech-Experte und KI-Pionier. Er ist außerdem Mitglied im Aufsichtsrat des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), im Vorstand der Science & Innovation Alliance Kaiserslautern sowie Kurator der Fraunhofer Gesellschaft.

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