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Recruiting-Ansätze überdenken

Personaler in Deutschland stehen unter Druck: Sie müssen in der Lage sein, qualifizierte IT-Experten innerhalb kurzer Zeit aufzuspüren und von sich zu überzeugen. Je länger eine Stelle unbesetzt bleibt, desto weniger innovationsfähig ist ein Unternehmen und desto höhere Umsatzeinbußen erleidet es. 2018 dauerte es im Durchschnitt 107 Tage, bis eine offene Stelle besetzt werden konnte.
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Daniel Schäfer

Co-Founder & Chief Visionary Officer


  • 24.09.2019
  • Lesezeit: 5 Minuten
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IT-Experten fehlen vielerorts. Laut der aktuellen Engpass-Analyse der Bundesagentur für Arbeit besteht insbesondere in Niedersachsen und Baden-Württemberg ein Mangel an Informatikern, Software-Entwicklern und Programmierern. Auch in Bayern und Nordrhein-Westfalen wird die Lage drängender. Trotzdem argumentieren Politiker und Wirtschaftsvertreter immer wieder, einen wirklichen Fachkräftemangel gäbe es gar nicht. Sitzen Unternehmen und Experten einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort?
Tatsächlich waren noch im letzten Frühling über eine Million IT-Spezialisten arbeitslos gemeldet. Die fehlende Flexibilität der Arbeitnehmer und ihre gleichzeitig hohen Erwartungen an die Stelle und an den Arbeitgeber sollen verantwortlich sein für die vielen offenen Stellen. So beschweren sich einige Headhunter beispielsweise, dass Bewerber heute nicht einmal mehr bereit seien, für einen Job von Hamburg nach Frankfurt am Main zu ziehen.

Was Arbeitnehmer wollen

Doch den Arbeitnehmern die Schuld zu geben, ist zu einfach. Unternehmer müssen verstehen, dass sich der Arbeitsmarkt in Deutschland wandelt. Aufgrund der guten Joblage befinden sich viele Arbeitnehmer in der angenehmen Position, sich den Arbeitgeber aussuchen zu können. Dementsprechend können sie hohe Ansprüche stellen und nach Stellen Ausschau halten, die ihnen vollständig zusagen.
Einige Unternehmen reagieren darauf, indem sie beispielsweise höhere Gehälter bieten, die Anzahl der Urlaubstage erhöhen oder mit gratis Obst und Kaffee werben. Zuletzt gab auch der Bund bekannt, die Gehälter von IT-Experten um bis zu 30 Prozent erhöhen zu wollen.
Dabei spielt ein hohes Gehalt für eine gute Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung eine immer geringere Rolle. Gerade die junge Generation an Arbeitnehmern legt immer stärker Wert darauf, dass sie sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren kann. Die eigenen Werte und Ziele im Leben sollen mit dem Job möglichst stark im Einklang stehen. Es geht darum, dass Arbeitnehmer ihre Arbeit nicht mehr als Last abseits von Freizeit und Familie, sondern als erfüllten Teil des eigenen Lebens gestalten wollen.

„Post and Pray“-Strategie hat ausgedient

Was ein geeigneter Kandidat vom Unternehmen erwartet, lässt sich in einem ersten Gespräch meist schnell klären. Doch der Weg dorthin ist oft viel zu lang. Noch immer wenden viele Personaler veraltete Methoden beim Recruiting an. Sie veröffentlichen Stellenanzeigen und warten dann darauf, dass sich jemand meldet. Diese sogenannte „Post and Pray“-Strategie ist nicht länger erfolgversprechend, denn viele qualifizierte Bewerber lesen sich längst keine Stellenanzeigen mehr durch. Die Bewerbungen bleiben aus.
Der IT-Markt ist ein Arbeitnehmermarkt. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt, daher müssen auch Unternehmen ihre Personalbeschaffungsprozesse an die neuen Gegebenheiten anpassen. Sie müssen die Initiative ergreifen und sich selbst bei potenziellen Kandidaten bewerben. Einige Personaler machen das schon, indem sie beispielsweise aktiv potenziell geeignete Kandidaten in Job-Netzwerken wie LinkedIn oder Xing kontaktieren und sich bemühen, sie von einer Position zu überzeugen. Diese Art des Active Sourcing ist jedoch mühsam und erfordert einen sehr hohen Wissensstand. Man muss alle Kanäle kennen und wissen, wie man diese bedient und wie sich die Zielgruppe dort verhält. Sich das entsprechende Know-how anzueignen, kann Monate oder auch Jahre dauern. Zeit, die viele Unternehmen nicht haben.

Mit „Reverse Recruiting“ und KI gegen den Fachkräftemangel

Das Konzept des „Reverse Recruiting“ soll das ändern. Es hat das Potenzial, die Prozesse erheblich zu beschleunigen und Unternehmen und Fachkräfte effektiver und effizienter zusammenzubringen. Algorithmen-basierte Reverse-Recruiting-Plattformen bringen Fachkräfte und Unternehmen automatisiert zusammen: Potenzielle Kandidaten werden auf verschiedenen Kanälen automatisiert adressiert und haben die Möglichkeit, sich ein kostenloses Kurzprofil mit ihren Qualifikationen, Wunschkriterien und Bedürfnissen zu erstellen.
Auf diese Weise können sie mit interessierten Unternehmen in Kontakt treten und zeigen, an welchen Stellen sie interessiert sind. Unternehmen wiederum zahlen eine Grundgebühr für die Nutzung. Sie können Stellenanzeigen und Anforderungsprofile hinterlegen und bekommen proaktiv Fachkräfte vorgeschlagen, die genau auf ihre Stelle passen. Algorithmen begrenzen die Anzahl wirklich passender Kandidaten weitaus schneller und effizienter, als wenn jedes Profil einzeln gelesen und mit offenen Stellen abgeglichen wird. Passt ein bestimmter Kandidat auf eine Stelle, werden beide Seiten darüber informiert, dass ein Match gefunden wurde. Der Bewerber erhält dann zunächst detaillierte Informationen über das Unternehmen. Nur wenn der Kandidat Interesse hat und zustimmt, können Gespräche begonnen und weitere Daten ausgetauscht werden. Die Parteien können dann direkt miteinander chatten und Details klären.

Persönlicher Austausch essenziell

Der Direkt-Chat hilft dabei, das Recruiting effektiver zu gestalten. Über 69 Prozent der IT-ler besitzen Fähigkeiten, die sie nicht im Rahmen ihrer Ausbildung erlangt, sondern sich selbst angeeignet haben. Diese Informationen gehen in anderen Recruiting-Vorgehensweisen häufig unter, weil Personaler nach bestimmten Hard-Skills oder Werdegängen im Lebenslauf Ausschau halten. So übersehen sie im Zweifel also Fachkräfte, die für sie relevant sein könnten.
Auf der anderen Seite können Kandidaten im direkten Austausch feststellen, ob das Unternehmen die Eigenschaften bietet, auf die sie wirklich Wert legen. Kriterien wie eine angenehme Arbeitsatmosphäre, Work-Life-Balance und Wertschätzung am Arbeitsplatz lassen sich aus einfachen Stellenausschreibungen schwierig herauslesen. Im persönlichen Austausch können Kandidaten die für sie wichtigen Fragen stellen.
Algorithmen werden nie in der Lage sein, die persönliche Komponente bei einem Bewerbungsprozess zu ersetzen. Damit Unternehmen und IT-Experten zusammenfinden, ist daher ein schneller und direkter Austausch für beide Seiten wichtig. Automatisierte Prozesse und Algorithmen helfen jedoch, den Weg zum ersten Gespräch wesentlich zu verkürzen, die Suche nach Fachkräften effizienter zu gestalten und den Personalern viel Zeit, Geld und Stress zu ersparen.

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Daniel Schäfer

Co-Founder & Chief Visionary Officer
Zu Inhalten

Daniel Schäfer ist Co-Founder und Chief Visionary Officer der Heidelberger Instaffo GmbH. Die hat er 2014 gemeinsam mit Christoph Zöller mit dem Ziel gegründet, perfekte Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen zu schaffen.


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