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Was Führungskräfte von Computerspielen lernen können

Ist Ihnen schon einmal die Frage in den Sinn gekommen, warum Computerspiele häufig erfolgreicher sind als Führungskräfte? Wahrscheinlich nicht, da dieser Vergleich zunächst ein wenig seltsam und provokant klingen mag. Wenn Sie jedoch die Antwort hören, wird dieser Vergleich für Sie vermutlich deutlich mehr Sinn ergeben, vor allem, weil er einen bedeutenden Erfolgsfaktor für Führung und Agilität offenbart.

  • 28.10.2022
  • Lesezeit: 16 Minuten
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Warum sind Computerspiele häufig erfolgreicher als Führungskräfte? Eine Frage respektive ein Vergleich, der zunächst etwas seltsam oder ironisch klingen mag. Aber ich behaupte, dass sich aus diesem Vergleich ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Führung und Agilität ableiten lässt. Bevor Sie jedoch meine Antwort auf die Frage lesen werden, möchte ich etwas mehr Kontext geben.

Das Kerzenproblem

Beginnen wir mit einem Test namens „The Candle Problem“. Es handelt sich um einen kognitiven Leistungstest, der 1945 von dem amerikanischen Psychologen Karl Duncker entwickelt wurde.

Auf Abbildung 1 sehen Sie den Aufbau beziehungsweise die Materialien, die für den Test vorgesehen waren. Auf der linken Seite befindet sich eine Wand aus Kork und auf dem Tisch eine Schachtel mit Reißzwecken, einige Streichhölzer und eine Kerze. Die Aufgabe lautete, die Kerze mit den vorhandenen Materialien so an der Korkwand zu befestigen, dass kein Wachs auf den darunter stehenden Tisch tropft, wenn sie brennt.
Auf Grundlage dieses Leistungstests führte Sam Glucksberg, ein Wissenschaftler und Professor aus den USA, im Jahr 1962 ein Experiment durch. Er ließ zwei Gruppen unabhängig voneinander die Aufgabe lösen. Es gab eine Test- und eine Kontrollgruppe. Der Testgruppe wurde eine Geldsumme für die Person versprochen, die die Aufgabe am schnellsten lösen würde. Der Kontrollgruppe wurden keine finanziellen Anreize geboten. Sie wurden lediglich angewiesen, die Aufgabe innerhalb von 15 Minuten zu lösen. Was denken Sie? Welche Gruppe war schneller?
Die Testgruppe (mit den Anreizen) brauchte im Durchschnitt 3,5 Minuten länger als die Kontrollgruppe, um die Aufgabe zu lösen. Daraufhin führte Glucksberg ein weiteres Experiment durch. Im zweiten Experiment (mit anderen Versuchspersonen) wurde der Tisch wie in Abbildung 2 vorbereitet. Der einzige Unterschied zum Aufbau im ersten Experiment aus der ersten Abbildung besteht darin, dass die Reißzwecken aus der Schachtel genommen wurden. Die Probandinnen und Probanden wurden erneut in zwei Gruppen aufgeteilt. Sie erhielten die gleichen Anweisungen wie im ersten Experiment. Dieses Mal war die Testgruppe (mit den finanziellen Anreizen) deutlich schneller als die Kontrollgruppe. Genau umgekehrt wie im ersten Versuch [Wiki].

Eine Möglichkeit, die Aufgabe zu lösen, könnte so aussehen wie in Abbildung 3. Sie befestigen die leere Box mit ein paar Reisezwecken an der Korkwand, stellen die Kerze darauf und zünden sie mit einem Streichholz an.
Der Test „The Candle Problem“ soll den Einfluss der funktionalen Fixierung auf die Fähigkeit, Probleme zu lösen, messen. Das Konzept der funktionalen Fixierung beschreibt die Tendenz, in Problemsituationen Objekte lediglich in ihrer ursprünglichen Funktion wahrzunehmen. Die Schwierigkeit liegt darin, eine neue Funktionsweise für das Objekt zu erkennen und damit das Problem zu lösen. Bei der ersten Versuchsanordnung ging es darum, diese funktionale Fixierung zu überwinden. Wer hier die Schachtel nur als Halterung für die Reißzwecken und nicht als Podest gesehen hat, konnte die Aufgabe nicht lösen. In dieser Situation sind komplexes Denken, Kreativität und Problemlösungskompetenz gefragt gewesen. Es galt, das Objekt „Schachtel“ in seiner neuen Funktion als „Podest“ zu erkennen. Das Ergebnis des ersten Experiments zeigt, dass sich in komplexen Situationen äußere Anreize, wie Geld, negativ auf unsere Leistung auswirken können [Pin09].
Im zweiten Experiment wurde eine weniger komplexe Problemsituation dargestellt. Das Ziel war deutlich klarer. Bei dieser Art von Aufgaben mit engem Fokus, bei denen man das Ziel direkt vor Augen hat, können extrinsische Motivatoren sehr wirksam sein. Sie können leistungsfördernd wirken. Zusammengefasst zeigen uns die Versuche die Auswirkungen von extrinsischen Motivatoren auf die Leistung in zwei verschiedenen Kontexten.

Abb. 1: Experiment 1

Abb. 2: Experiment 2

Abb. 3: Lösung

Extrinsische & intrinsische Motivation

Die Erkenntnisse aus den Experimenten lassen sich ebenso auf Arbeitsumgebungen oder Aufgabentypen übertragen. Doch bevor wir uns das genauer ansehen, lassen Sie uns kurz einen Exkurs in die Motivationspsychologie machen: Motive sind der Grund für eine bestimmte Handlungsweise – bewusst oder unbewusst. Sie sind unsere innere Antriebskraft.

Extrinsische Motivation bezieht sich auf ein Verhalten, das durch externe Belohnungen angeregt wird. Diese können materiell sein, wie Geld oder Noten, oder immateriell, wie Lob oder Anerkennung. Intrinsische Motivation bezieht sich auf ein Verhalten, das durch interne Belohnungen angetrieben wird. Mit anderen Worten: Die Beweggründe für ein bestimmtes Verhalten kommen aus dem Inneren des Menschen, weil etwas als befriedigend, aufregend oder interessant erlebt wird.
Grundsätzlich gilt die intrinsische Motivation als die stärkere und bessere Antriebskraft. Wenn die Motivation aus dem eigenen Inneren kommt, ist man effizienter, engagierter und auch eher in der Lage, Schwierigkeiten zu überwinden oder selbst in sehr schwierigen Situationen motiviert zu bleiben [McC87].

Beide Motivationstypen können jedoch auch zeitgleich nebeneinander wirksam sein (siehe Abbildung 4). In welchem Maße kann von der Arbeitsumgebung oder dem Aufgabentyp abhängen.
Wenn Sie an einer Aufgabe mit einem klaren Ziel und einem engen Fokus arbeiten, einer Routinetätigkeit, oder eine Art automatisierte oder sich wiederholende Tätigkeit ausüben, können extrinsische Motivatoren sehr leistungsfördernd sein. Hierbei handelt es sich um ein simples Arbeitsumfeld, in dem die Anforderungen (was) und die Umsetzung (wie) bekannt sind. Sprich, Regeln befolgen, „einfach machen“ und Listen respektive Schritte abarbeiten. Aufgabentypen, die hierzu zählen, sind normalerweise einfach zu verstehen. Ein Beispiel dafür wäre das Verschließen von Paketen an einem Fließband.
Wenn Sie an komplizierten Aufgaben arbeiten, welche in der Regel sehr schwer zu verstehen sind, sind ebenfalls überwiegend extrinsische Motivatoren der Schlüssel zur Handlungsbereitschaft. An solchen Aufgaben oder in solchen komplizierten Systemen arbeiten oftmals Experten, die eine spezielle Ausbildung in diesem Bereich gemacht haben. Beispiele hierfür sind ein Flugzeug fliegen oder einen Motor reparieren. In einem komplexen Arbeitsumfeld gibt es eine etwas größere, nicht vorhersagbare Komponente. Das bedeutet Beobachten, Ausprobieren, Anpassen und Erfahrungen sammeln durch Experimentieren. Hier sind komplexes Denken und Kreativität gefragt.

Der Großteil der Arbeit im digitalen Bereich gehört zu den komplexen Bereichen, in denen häufig agile Arbeitsweisen zum Einsatz kommen. In diesem Fall ist die intrinsische Motivation eine deutlich stärkere Antriebskraft, jedoch können auch extrinsische Motivatoren im geringen Maß leistungssteigernd wirken. Bei unvorhersehbaren und volatilen Bedingungen sind die Anforderungen (was) und die Umsetzung (wie) meist nahezu unbekannt. Das erfordert gewöhnlich entschlossenes und schnelles Handeln, das System zu stabilisieren und bestenfalls in ein „komplexes“ überzuführen. In diesem Kontext sind hervorragende Problemlösungsfähigkeiten, Kreativität, viel Durchhaltevermögen und vor allem intrinsisch motivierte Menschen gefragt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass beide Motivationstypen Handlungsbereitschaft auslösen und uns zur Höchstleistung bringen können. In einem chaotischen und manchmal auch in einem komplexen Umfeld können jedoch zu starke oder zu viele extrinsische Motivatoren leistungsmindernd wirken. Es kann zum sogenannten Korrumpierungseffekt kommen. Beim Korrumpierungseffekt geht es darum, dass die zuvor vorhandene intrinsische Motivation durch äußere Faktoren (wie Belohnungen, Bestrafungen, Bewertungen oder Druck) untergraben, also korrumpiert wird. Die Folge ist, dass extrinsische Motivatoren die intrinsische Motivation schwächen oder sogar auslöschen.
Dieser Effekt ist häufig bei Musikern oder Sportlern zu beobachten. Zu Beginn sind sie primär von innen heraus motiviert. Sobald sie jedoch erfolgreich und berühmt sind, werden sie mehr von extrinsischen Motivatoren angetrieben. Sie bewerten ihre Tätigkeit, die sie bisher freiwillig und gerne gemacht haben, neu. Der Fokus liegt nach einiger Zeit mehr darauf, zum Beispiel Anerkennung oder Preise zu bekommen oder äußerem Druck standzuhalten. Das kann kurzfristig zu Leistungssteigerung führen. Doch sobald der externe Anreiz weg ist, kann die Motivation und damit auch die Leistung unter ihr ursprüngliches Niveau sinken, da sie weniger internal motiviert sind als zu Beginn ihrer Karriere.

Manche Leute sagen, dass dieser Effekt der Grund dafür ist, weshalb Hobbys nicht zum Beruf gemacht werden sollten. Der Einsatz von zu vielen oder zu starken extrinsische Motivatoren sollte demnach in Situationen vermieden werden, in denen Menschen bereits merklich von innen heraus motiviert sind [Hec89].

Abb. 4: Arbeitsumfelder & Motivation

Die Antwort

Wenn es um Motivation geht, ist eine häufig gestellte Frage: „Wie kann ich meine Mitarbeiter motivieren?“. Douglas McGregor, ein amerikanischer Management-Professor, der maßgeblich zur Entwicklung der Management- und Motivationstheorie beigetragen hat, beantwortet diese Frage wie folgt:
„The answer to the question managers so often ask of behavioral scientists „How do you motivate people?“ is, „You don’t.“ [McG66]

Meint er damit, dass man Menschen überhaupt nicht motivieren kann? Der amerikanische Psychologe Herzberg vertrat die Meinung, dass externe Anreize beziehungsweise Motivatoren nur zu einer gewünschten Bewegung bei den Menschen führen, aber ihre Wirkung ist immer nur kurzfristig: zum Beispiel bis sich der Effekt der Belohnung durch Gewöhnung abgenutzt hat [Her68]. Entsprechend müssen externe Anreize immer wieder (in immer höherer) Dosierung gesetzt werden, damit die Motivation aufrecht erhalten werden kann. Wie bei einer Batterie, die immer wieder neu aufgeladen werden muss. Laut Herzberg kommt echte, intrinsische Motivation hingegen ohne Energiezufuhr von außen aus und funktioniert wie ein innerer Generator. Auch ein interessanter Gedanke, wie ich finde.
Was ist also eine bessere oder vielleicht sogar die richtige Frage, wenn es um Motivation geht? Edward Deci, ein amerikanischer Motivationstheoretiker und Psychologe, sagte:

„The right question is not how can we motivate others? but how can we create conditions in which others can motivate themselves?“ [Dec95]

Was wir aus diesem Zitat mitnehmen sollten, ist, nicht mehr aktiv zu versuchen, Menschen motivieren zu wollen, sondern stattdessen Arbeitsbedingungen oder -umgebungen zu schaffen, die ihre intrinsische Motivation entfachen und fördern. Nun zurück zur Ausgangsfrage. Warum sind Computerspiele häufig erfolgreicher als Führungskräfte? Meine Antwort darauf lautet: Weil sie ein Umfeld schaffen, in dem intrinsische Motivation entstehen kann. Computerspiele können süchtig machen. Als ich jung war, war das Spiel „Die Sims“ schwer gefragt. Ich war diesem Spiel total verfallen! Avatare erstellen, Häuser bauen und einrichten, verhindern, dass die Sims verhungern oder verbrennen usw. Eine sehr spannende und wichtige Aufgabe, wie ich fand. Ich habe damals Stunden vor dem Computer verbracht.
Thomas Malone, ein amerikanischer Organisationstheoretiker, legte den Grundstein für die Untersuchung der intrinsischen Motivation in digitalen Spielumgebungen [Mal81]. Seine Forschungen trugen zu den vorherrschenden Motivationstheorien bei, die heute die Grundlage für die Entwicklung von Serious Games bilden. Er und Mark Lepper, ein amerikanischer Psychologieprofessor, postulierten eine Theorie der intrinsischen Motivation, die besagt, dass Computerspiele aufgrund einer Kombination aus Herausforderung, Fantasie, Neugier, Kontrolle, Anerkennung, Wettbewerb und Kooperation intrinsisch motivierend wirken [Mal87].
Eine weitere, sehr präsente Motivationstheorie in diesen Kontext ist die Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan [Dec85]. Ryan ist ebenso wie Deci ein amerikanischer Professor für Psychologie. Nach ihrer Theorie hängt menschliches Verhalten davon ab, inwieweit drei zentrale menschliche Grundbedürfnisse befriedigt werden. Diese sind soziale Eingebundenheit, Kompetenz und Autonomie. Werden diese Bedürfnisse vollständig erfüllt, entsteht intrinsische Motivation. Der Prototyp der Selbstbestimmung.

Menschliche Grundbedürfnisse & Computerspiele

Bei der sozialen Eingebundenheit geht es darum, in eine Gemeinschaft integriert zu sein, zu interagieren und sich um andere zu kümmern. Im Zusammenhang mit Computerspielen kann das zum Beispiel bedeuten, ein Teil einer Spielgemeinschaft zu sein, sich über das Spiel zu unterhalten, Insidertipps auszutauschen und sich mit anderen virtuell oder persönlich zu treffen und gemeinsam zu spielen.
Unter Kompetenz wird das Gefühl verstanden, etwas erreicht zu haben und erfolgreich zu sein. Mit Blick auf digitale Spiele beispielsweise in das nächste Level vorzurücken, Punkte oder virtuelles Geld zu sammeln, neue Features freizuschalten usw. Die adaptive Machart von Computerspielen, sprich ein optimaler Anstieg von Schwierigkeit bei vielen Spielen, führt ebenfalls zum erhöhten Kompetenzerlebnis. Die Auswirkungen eigener Bemühungen sind unmittelbar sichtbar und spürbar. Der Mensch tendiert dazu, Aufgaben gut meistern und verschiedene Fähigkeiten erwerben zu wollen. Wenn er das Gefühl hat, dass er die für den Erfolg erforderlichen Fähigkeiten besitzt, ist er eher bereit, Maßnahmen zu ergreifen, die ihm helfen, sein Ziel zu erreichen.

Autonomie beschreibt das Gefühl der allgemeinen psychologischen Freiheit und der Freiheit des inneren Willens. Es geht dabei um das Gefühl, Kontrolle über das eigene Verhalten und die eigenen Ziele zu haben. In Computerspielen wählt man in der Regel seine eigene Vorgehensweise. Man kann tun, was immer einem in den Sinn kommt und was man für den besten Lösungsweg hält. Man trifft frei Entscheidungen und handelt autonom. Wenn ein Verhalten autonom motiviert ist, steigert es die Kreativität, die Problemlösungsfähigkeit und das Durchhaltevermögen. Erinnern Sie sich? Das sind genau die Fähigkeiten, die wir in einem komplexen Arbeitsumfeld brauchen. Darüber hinaus wirkt sich autonom motiviertes Verhalten positiv auf unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden aus [Ols07].
Aus der wissenschaftlichen Theorie von Deci und Ryan lässt sich demnach ableiten, dass Menschen eine natürliche motivationale Tendenz haben, sich mit anderen Menschen verbunden zu fühlen, in diesem sozialen Umfeld effektiv zu funktionieren und autonom und proaktiv handeln zu können. Bis heute basiert die Entwicklung zahlreicher Computerspiele und Gamification auf dieser Theorie. Sie lassen bei den Spielerinnen und Spielern intrinsische Motivation entstehen, indem sie die Bedürfnisse nach sozialer Zugehörigkeit, Kompetenz und Autonomie fördern. Das macht sie nicht zuletzt so attraktiv und erfolgreich.

Agilität & intrinsische Motivation

Lassen Sie uns einmal schauen, ob und wie intrinsische Motivatoren in agilen Methoden eingebaut sind. Wenn Sie einen Blick in das Agile Manifest werfen, können Sie sehen, dass alle drei Bedürfnisse mehrfach berücksichtigt werden „Business people and developers must work together daily (…) face-to-face conversation (…) self-organizing teams (…) etc.“ und zu guter Letzt „Build projects around motivated individuals“ [Bec01]. Und wenn man sich Scrum genauer ansieht, wird man feststellen, dass ebenfalls soziale Eingebundenheit, Kompetenz und Autonomie in gewisser Weise abgedeckt werden (siehe Abbildung 5).
Man sagt ein perfektes agiles Team ...... sitzt zusammen in demselben Raum, hat klar definierte Rollen (fördert das Engagement), ist crossfunktional (fördert die Zusammenarbeit) und hat ein gemeinsames Ziel und eine Vision. Dadurch wird das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit gestärkt. Das gemeinsame Arbeiten an einem Produkt und nicht der Wettbewerb steht im Vordergrund. Wenn wir über Ziele sprechen, ist es wichtig, dass jeder im Team das gemeinsame Teamziel oder die Produktvision und seinen eigenen Mehrwert versteht. Dies befriedigt sowohl das Bedürfnis nach Kompetenz als auch das nach sozialer Zugehörigkeit. Insbesondere Sprint-Ziele können sehr motivierend wirken, weil sie realistischer zu erreichen scheinen.... arbeitet in kurzen Iterationen und macht Leistungen und Ergebnisse schneller sichtbar, feiert regelmäßig Erfolge (z. B. in der Sprint Review oder in der Retrospektive), reagiert unmittelbar auf Veränderungen, lernt und verbessert sich kontinuierlich, inspiziert und reflektiert sich regelmäßig und nimmt Anpassungen vor, sodass Kompetenz und Wirksamkeit für jedes Teammitglied erlebbar und sichtbar sind.... ist selbstorganisiert, respektiert, dass andere Teammitglieder unabhängig und fähig sind, trifft mutig Entscheidungen und arbeitet sich durch Probleme, übernimmt Verantwortung und bestimmt über das „wie“, wenn es um die Entwicklung eines Produkts geht. Wenn sie dies tun können, bekommen sie das Gefühl der Freiheit des inneren Willens und der Autonomie.

Abb. 5: Intrinsische Motivation & Agilität

Raum zur Entfaltung intrinsischer Motivation

Doch wie ist denn jetzt genau die Verbindung zwischen Agilität und intrinsischer Motivation? Oder sagen wir: Wer braucht wen oder treibt wen an? Und hier ist der springende Punkt! Es funktioniert in beide Richtungen: Agilität braucht intrinsisch motivierte Menschen, aber Agilität fördert auch die intrinsische Motivation. Wenn ich eine Antwort auf die Frage „was Führungskräfte von Computerspielen lernen können“ geben müsste, würde ich sagen: Schaffen Sie ein soziales (agiles) Umfeld für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dem sie eigenverantwortlich handeln und ihre Kompetenz unter Beweis stellen können. Ermutigen Sie sie, ihre eigenen Stärken zu entdecken, ein höheres Maß an Autonomie und Selbstbestimmung zu erreichen, und vertrauen Sie ihnen, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen werden. Geben Sie intrinsischer Motivation einen Raum zur Entfaltung – so wie es Computerspiele machen!

Weitere Informationen

[Bec01]
K. Beck et al., The Agile Manifesto, Agile Alliance, 2001, siehe:
http://agilemanifesto.org/

[Dec85]
E. L. Deci, R. M. Ryan, Intrinsic motivation and self-determination in human behaviour, Plenum, 1985

[Dec95]
E. L. Deci, Why We Do What We Do: Understanding Self-Motivation, Penguin Books, 1995

[Hec89]
H. Heckhausen, Motivation und Handeln, Springer, 2. Aufl. 1989

[Her68]
F. Herzberg, One More Time: How Do You Motivate Employees?, in: Harvard Business Review, 46, 53-62

[Mal81]
T. W. Malone, Toward a theory of intrinsically motivating instruction, in: Cognitive Science, 5(4), 333–369

[Mal87]
T. W. Malone, M. R. Lepper, Making learning fun: A taxonomy of intrinsic motivations for learning, in: R. E. Snow, M. J. Farr (Eds.), Aptitude, learning, and instruction. Cognitive and affective process analyses (Vol. 3, pp.223–253), Lawrence Erlbaum

[McC87]
D. C. McClelland, Human motivation, Cambridge University Press, 1987

[McG66]
D. McGregor, Leadership and Motivation: Essays, M.I.T. Press, 1966

[Ols07]
K. R. Olson, C. Chapin, Relations of fundamental motives and psychological needs to well-being and intrinsic motivation, in: P. Zelick, P. (Ed.), Issues in the psychology of motivation (pp. 133–145), Hauppauge, NY: Nova Science

[Pin09]
D. Pink, The puzzle of motivation, TED Global 2009, siehe:
https://www.ted.com/talks/dan_pink_the_puzzle_of_motivation/transcript

[Wiki]
Candle Problem, siehe:
https://en.wikipedia.org/wiki/Candle_problem

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Interview mit Petra Wille

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Zu Inhalten
Celina Refäuter arbeitet als Agile Coach & Change Manager bei Accenture Business Agility, ein führender Berater für Agile Transformationen. Als Psychologin und systemische Beraterin verfügt sie über umfangreiches Fachwissen in der Verhaltenspsychologie. Ihre aktuellen Themenschwerpunkte sind Motivation, Growth Mindset und HR for Agile.

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