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Wenn alle recht haben

Ich mag Modelle. Also besonders Modelle der Welt. Weil sie so unterschiedlich sind. Und jeder hat sein eigenes, basierend auf einem Leben voller Erfahrungen, Werten und Glaubenssätzen. Diese Schubladen und Vereinfachungen machen es uns ja deutlich leichter, durch die Komplexität der Welt zu kommen. Alles in epischer Tiefe immer neu zu durchdringen, führt zu Stillstand.
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Richard Seidl

Berater, Coach und Autor


  • 29.10.2021
  • Lesezeit: 3 Minuten
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Ich mag Modelle. Also besonders Modelle der Welt. Weil sie so unterschiedlich sind. Und jeder hat sein eigenes, basierend auf einem Leben voller Erfahrungen, Werten und Glaubenssätzen. Diese Schubladen und Vereinfachungen machen es uns ja deutlich leichter, durch die Komplexität der Welt zu kommen. Alles in epischer Tiefe immer neu zu durchdringen, führt zu Stillstand.

Und eines haben ja alle Modelle gemeinsam: Jeder hat in seinem recht. Ist ja alles logisch und argumentierbar, warum das so oder so ist. Bis dann zwei Weltmodelle aufeinanderstoßen. Im besten Fall kommen dann beide aus dem Diskurs schlauer heraus, haben ihre Modelle justiert und gehen fröhlich ihrer Wege. Im schlechtesten Fall – und davon sind die Medien und Facebook-Feeds ja gerade voll – wird gebasht, geschimpft und geshitstormt. Du bist blöd, ich hab recht.

Gemeinsame Sichtweisen

Und manchmal passen die Erfahrungen und Weltmodelle auch gut zusammen. Wir sind uns einig. Zumindest einige. Wir verständigen uns auf diese Gemeinsamkeiten und machen Standards und Frameworks draus. Packen Timeboxing, Planning und Retros in Scrum rein – hat sich bewährt. Malen bei DevOps gerne eine liegende Acht – zeigen so den Flow. Der ISTQB-Testprozess bekommt sieben Aktivitätsgruppen. Und unsere Mitarbeiter typisieren wir als Hai oder Delphin oder packen sie gleich in bunte Schubladen. Aber auch das finden nicht alle gut. Manche wollen Modelle dann anpassen, neue Dinge ausprobieren. Ja, dürfen die denn das? Ist das agil oder kann das weg?

Keine Regeln

Reed Hastings, Gründer und Geschäftsführer von Netflix, schreibt in seinem Buch „Keine Regeln – Warum Netflix so erfolgreich ist“ darüber, wie sein Unternehmen sukzessive alle internen Regeln abgeschafft hat. Im Zusammenspiel mit hoher Talentdichte und einer intensiven Feedbackkultur läuft Netflix so zur Höchstform auf. Wer es liest, merkt, da ist auch überall Agilität drin. Aber mein Software-QA-Herz ist da doch etwas angetriggert: Also, so gar keine Vorgaben? So gar nicht? Pfff ... Reed löst am Ende den Knoten in meinem Kopf: Liegt der Fokus auf Innovation, heißt das: keine Regeln, Führen durch Kontext, extrem viel Freiheit, Selbstverantwortung, Feedback, Fehler machen. Liegt der Fokus auf Fehlervermeidung, heißt es hingegen: Prozesse und Regeln, Führen durch Kontrolle, viele Vorgaben. Wieder so ein Modell, über das ich noch ein paar Schleifen nachdenken werde.

Akzeptanz und Vielfalt

Ob Reed Hastings recht hat? Für Netflix vielleicht. Ist Agilität was für jedes Unternehmen und jede Truppe? Eher nicht. Darf man es auch ganz anders machen? Auf jeden Fall. Statt zu glauben, wir hätten die Weisheit mit Löffeln verputzt, und sie dann lauthals vor uns herzutragen, täte es uns manchmal gut, besser hinzuhören und einfach mal ruhig zu sein. Jedem sein Modell der Welt zuzugestehen, hilft mir persönlich und hilft den Unternehmen, mit denen ich arbeite. Ich kann so viel schneller und entspannter tolerieren, wenn mein Gegenüber gerade nicht so will, wie ich. Das gelingt mir oft. Bei Weitem nicht immer. Bin ja auch nur ein Mensch. Aber statt dann die „Das-macht-man-aber-so“-Beraterkeule zu schwingen, können wir uns auf die Suche machen, passende Lösungen zu finden.

Aber das ist auch nur mein Modell …

Ihr Richard Seidl

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Richard Seidl

Berater, Coach und Autor
Zu Inhalten

Richard Seidl ist Berater, Coach und Autor. Er hat in seiner beruflichen Laufbahn schon viel Software gesehen: gute und schlechte, große und kleine, neue und alte. Software so schön, dass man weinen könnte, und auch solche, wo es Fußnägel aufrollt. Für ihn ist klar: Wer heute exzellente Software kreieren möchte, denkt den Entwicklungsprozess ganzheitlich: Menschen, Kontext, Methoden und Tools.


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